Universitätsmedizin, Universitätsspitäler
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23. Mai 2023

Grosse Herausforderungen

Universitätsspitäler warnen vor finanziellem Kollaps

Nach einem Verlust von über 200 Millionen Franken im Jahr 2022 erwarten die Universitätsspitäler dieses Jahr einen Verlust von gegen 300 Millionen Franken. Der zunehmende Personalmangel, nicht kostendeckende Tarife, die Teuerung sowie Nachwirkungen der Pandemie erschweren die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung.

Vertreter:innen der fünf Universitätsspitäler haben in ihrer heutigen Medienkonferenz die Rolle ihrer Institutionen betont als tragende Säule der Schweizer Gesundheitsversorgung. Angesichts der angespannten finanziellen Situation fordern sie als Sofortmassnahme eine Erhöhung der seit Jahren zu tiefen Tarife wie dies auch H+ fordert.

Die Universitätsspitäler befinden sich in einer paradoxen Situation: Obwohl sich viele Patient:innen an den Universitätsspitälern behandeln lassen, resultieren Defizite.

Können sich die Universitätsspitäler bis Mitte 2023 mit den Verhandlungspartnern nicht auf kostendeckende Tarife einigen, sehen sie sich gezwungen, die bestehenden Tarifverträge zu kündigen.

Weiter müsse in den Tarifen die spezifische Kostenstruktur der verschiedenen Spitalgattungen berücksichtigt werden. Bei der geplanten Änderung der Tarifermittlung im Rahmen der Revision der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) würden diese Unterschiede wegfallen und die Universitätsspitäler mit Regionalspitälern verglichen. Dies würde weitere ungedeckte Kosten von rund 500 Millionen Franken zur Folge haben.

Ungenügende Finanzierung gefährdet den Auftrag der Universitätsspitäler

Die Universitätsspitäler befinden sich in einer paradoxen Situation: Obwohl sich viele Patient:innen an den Universitätsspitälern behandeln lassen, resultieren Defizite. Die Tarife decken die Kosten bei Weitem nicht mehr. 2022 betrug der kumulierte Verlust rund 200 Millionen Franken. 2023 wird ein weiterer Anstieg auf rund 300 Millionen Franken erwartet.

Können sich die Universitätsspitäler bis Mitte 2023 mit den Verhandlungspartnern nicht auf kostendeckende Tarife einigen, sehen sie sich gezwungen, die bestehenden Tarifverträge zu kündigen.

Zu bedeutenden Mehrausgaben tragen 2023 insbesondere Lohnanpassungen für das Spitalpersonal, steigende Energiepreise sowie die Teuerung bei. Zudem können viele Universitätsspitäler aufgrund des Personalmangels nicht mehr alle Betten betreiben. Demgegenüber wurden die Tarife im ambulanten und stationären Bereich nicht einmal der Teuerung angepasst. Vielmehr wurden bei den ambulanten Leistungen einzelne Vergütungen weiter reduziert.

Zunehmende Personalsorgen

Der Mangel an qualifiziertem Personal ist bereits seit einigen Jahren spürbar und wurde durch die Pandemie noch verschärft. Die demografische Entwicklung sowie veränderte Anforderungen an das Arbeitsumfeld sind einige der Gründe für diese Situation.

Die meisten Massnahmen im Personalbereich erhöhen die Personalkosten und belasten damit die Spitalfinanzen zusätzlich.

Die Universitätsspitäler unternehmen grosse Anstrengungen und haben auch bereits zahlreiche Massnahmen ergriffen, um die Arbeits- und Anstellungsbedingungen weiter zu verbessern. Die meisten dieser Massnahmen erhöhen jedoch zugleich die Personalkosten und belasten damit die Spitalfinanzen zusätzlich.

Forschung, Lehre und Innovation

Die Universitätsspitäler stiften mit ihren Forschungs-, Lehr- und Innovationsprojekten einen unmittelbaren Nutzen für Patient:innen. Neben der klassischen medizinischen Forschung setzen sie sich auch für die Verbesserung der Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung ihrer Betriebe ein und tauschen sich dazu aus, z. B. mit der Teilnahme an der Initiative des Bundes «Vorbild Energie und Klima» oder der Initiative der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) zur Bildung eines Konsortiums für nachhaltige Gesundheit und ökologischen Wandel des Gesundheitssystems

Politische Fehlregulierung bremsen

Viele Reformprojekte des Bundes, die zurzeit im Parlament diskutiert werden, haben konkrete Auswirkungen auf die Universitätsspitäler. Immer mehr Regularien engen ihren Handlungsspielraum unter den aktuell schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen noch zusätzlich ein. Die wirtschaftliche Situation wird sich verschärfen und es müssen rasch Antworten gefunden werden, wie die Finanzierung von Gesundheitsleistungen in Zukunft gestaltet wird.

Ohne die Anerkennung der besonderen Leistungen der Universitätsspitäler und entsprechend angemessenen Tarifen ist eine Weiterführung der universitären Betriebe kaum mehr möglich.

Die Universitätsspitäler sind sich ihrer eigenen Verantwortung zur Kostendämpfung bewusst und optimieren Prozesse sowie Angebote. Die Insel Gruppe hat kürzlich z. B. die Schliessung zweier Spitäler beschlossen. Aber: Ohne die Anerkennung der besonderen Leistungen der Universitätsspitäler und entsprechend angemessenen Tarifen ist eine Weiterführung der universitären Betriebe kaum mehr möglich.

Die Universitätsspitäler können nicht länger warten

Die Universitätsspitäler fordern die Verhandlungspartner auf, kostendeckende Tarife anzubieten. Ansonsten sehen sich die Universitätsspitäler gezwungen, die bestehenden Tarifverträge per Ende 2023 flächendeckend zu kündigen.

Zudem fordern sie das Departement des Innern (EDI) und das BAG auf, die Sonderstellung der Universitätsspitäler bei der laufenden Diskussion um die Tarifermittlung in der anstehenden KVV-Revision in einer separaten Benchmarking-Kategorie zu berücksichtigen.

Denn wenn die Preise respektive die Tarife nicht der Realität angepasst und die spezifischen Kostenstrukturen der Universitätsspitäler bei der Tarifermittlung nicht berücksichtigt werden, müssen in absehbarer Zeit die Standortkantone der Universitätsspitäler Rettungsschirme vorbereiten, um die Spitäler vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren.

   

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