In der Schweiz sind Leistungserbringer im Gesundheitswesen verpflichtet, ihre Qualität zu messen und weiterzuentwickeln. Dadurch sollen sie die Patientensicherheit stärken und Kosten aufgrund unerwünschter Ereignisse verhindern. Qualitätsmessungen (QM) gewinnen in Zeiten mit zunehmendem Fachkräftemangel an Bedeutung. Dieser wirkt sich erwiesenermassen negativ auf die Qualität aus. Neben institutionsinternen Bestrebungen zur Qualitätssicherung und -entwicklung verfolgt die Schweiz die Strategie, national definierte Qualitätsindikatoren (QI) zu messen und deren Ergebnisse transparent zu vergleichen.
Zwei im stationären Spitalsetting in der Schweiz etablierte QI stellen die Sturz- und Dekubitusraten dar. Die aktuellen nationalen Ergebnisse lassen aufhorchen: Diese Raten waren 2022 deutlich höher als in den Vorjahren, teilweise sogar am höchsten seit Messbeginn im Jahr 2011. Obwohl bei dieser QM keine Daten zur Personalbesetzung vorliegen, wird ein Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel vermutet.
18 international verbreitete Themenbereiche zur Messung
der Pflegequalität im Spital
Die QI Sturz und Dekubitus gelten international als pflegesensitiv, d. h. als beeinflussbar durch die Arbeit der Pflegepersonen. Sie bilden somit einen Teilaspekt der Pflegequalität ab. Aufgrund der erwarteten Verschärfung des Fachkräftemangels in der Pflege stellt sich die Frage, ob weitere QI gemessen werden sollten, um die Pflegequalität in Schweizer Spitälern zu sichern. In einer vom nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) geförderten Recherche wurde daher untersucht, wie und anhand welcher QI andere Länder die Pflegequalität messen.
Dazu wurden erstens in der Literatur und bei Agenturen bzw. Organisationen, welche QM durchführen, nach möglichen QI gesucht; zweitens die beschriebenen QI extrahiert; drittens die Pflegesensitivität eingeschätzt und viertens die pflegesensitiven QI übergeordneten Themenbereichen zugeordnet.
Insgesamt hat die Recherche 18 Themenbereiche identifiziert, die mit entsprechenden QI international zur Messung der (Pflege-)Qualität genutzt werden (siehe oben im Kasten). Zu den drei Themenbereichen Sturz, Dekubitus und Patientenzufriedenheit führt der ANQ bereits heute nationale QM durch.
Bei der Entscheidung, ob in der Schweiz weitere Themenbereiche berücksichtigt werden sollten, müssen Nutzen und Aufwand abgewogen werden. Einerseits gilt es mit Patient:innen und Fachpersonen zu prüfen, in welchen Bereichen sie Qualitätsverbesserungs bzw. -stabilisierungspotenzial vermuten. Anderseits muss der Aufwand für eine zusätzliche QM geprüft werden.
Bisher konnten oftmals nur administrative Daten wie z. B. Abrechnungsdaten oder Daten, die spezifisch für die QM erhoben wurden, genutzt werden. Administrative Daten weisen gerade bei nicht abrechnungsrelevanten QI meist eine ungenügende Datenqualität auf. Spezifisch für QM erhobene Daten bedingen einen hohen Personalaufwand für die Datensammlung, was unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels zunehmend kaum mehr realisiert werden kann.
Mit der Digitalisierung stehen vermehrt Daten, die während des Behandlungsprozesses im Spital anfallen, auch elektronisch zur Verfügung. Diese werden oft für die interne Qualitätsentwicklung, jedoch bisher kaum für nationale QM genutzt. Eine vom ANQ mitfinanzierte Machbarkeitsanalyse der Berner Fachhochschule weist auf ein hohes Potenzial dieser Daten für nationale QM hin.
Eine weniger aufwändige Datensammlungsmethode wäre ein zentraler Schritt im Bestreben, künftig mehr QI messen und einen Beitrag zur Stärkung der Pflegequalität leisten zu können.
Beitragsbild: Sollen weitere Qualitätsindikatoren gemessen werden, um die Pflegequalität in Schweizer Spitälern zu sichern? (Foto: Canva.com)