Spitalkorridor, Pflege, Canva
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2. April 2024

FOCUS

Pflegequalität im Spital besser messen und weiter stärken?

Die Pflegequalität im Spital wird in der Schweiz anhand von Sturz- und Dekubitusraten gemessen. Eine Recherche identifiziert 18 mögliche Themenbereiche zur Qualitätsmessung in der Spitalpflege.
Competence Silvia Thomann

Autorin

Silvia Thomann

PhD, Co-Leiterin Innovationsfeld Qualität im Gesundheitswesen, Departement Gesundheit, Berner Fachhochschule

silvia.thomann@bfh.ch

Competence Livia Burkhalter

Autorin

Livia Burkhalter

BSc, Praktikantin Innovationsfeld Qualität im Gesundheitswesen, Departement Gesundheit, Berner Fachhochschule

livia.burkhalter@bfh.ch

Competence Sandra Siegrist-Dreier

Autorin

Sandra Siegrist-Dreier

MScN, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachbereich Pflege, Departement Gesundheit, Berner Fachhochschule

sandra.siegrist-dreier@bfh.ch

In der Schweiz sind Leistungserbringer im Gesundheitswesen verpflichtet, ihre Qualität zu messen und weiterzuentwickeln. Dadurch sollen sie die Patientensicherheit stärken und Kosten aufgrund unerwünschter Ereignisse verhindern. Qualitätsmessungen (QM) gewinnen in Zeiten mit zunehmendem Fachkräftemangel an Bedeutung. Dieser wirkt sich erwiesenermassen negativ auf die Qualität aus. Neben institutionsinternen Bestrebungen zur Qualitätssicherung und -entwicklung verfolgt die Schweiz die Strategie, national definierte Qualitätsindikatoren (QI) zu messen und deren Ergebnisse transparent zu vergleichen.

Etablierte pflegesensitive Qualitätsindikatoren

Zwei im stationären Spitalsetting in der Schweiz etablierte QI stellen die Sturz- und Dekubitusraten dar. Die aktuellen nationalen Ergebnisse lassen aufhorchen: Diese Raten waren 2022 deutlich höher als in den Vorjahren, teilweise sogar am höchsten seit Messbeginn im Jahr 2011. Obwohl bei dieser QM keine Daten zur Personalbesetzung vorliegen, wird ein Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel vermutet.

18 international verbreitete Themenbereiche zur Messung
der Pflegequalität im Spital

  • Austrittsmanagement: Dokumentation der Austrittsplanung sowie
    Zufriedenheit der Patient:innen im Zusammenhang mit der Austrittsplanung
  • Dekubitus
  • Delirium
  • Medizinische Installationen wie Urinkatheter, Beatmungsgeräte etc.
    (Einsatz, Entfernung, Indikationsqualität)
  • Freiheitseinschränkende Massnahmen
  • Nosokomiale Infektionen
  • Inkontinenz: Assessment und Behandlung von Urininkontinenz
  • Patientenedukation
  • Mangelernährung
  • Medikationsfehler: Dosierung, Lagerung, Verabreichungszeit etc.
  • Patientenmobilität: Regelmässige und frühzeitige Mobilisation, Massnahmen zur Verbesserung der Mobilität
  • Patientenzufriedenheit
  • Pflegeplanung und -dokumentation
  • Prävention: Präventionsmassnahmen, allgemein oder spezifisch
    (z. B. Obstipation, Thrombose, Pneumonie)
  • Schmerz
  • Sturz
  • Überwachung: Monitorisierung und Überwachung von Patient:innen
    (z. B. regelmässige und korrekte Erfassung der Vitalzeichen)
  • Wundmanagement

Weitere in der Schweiz mögliche Indikatoren

Die QI Sturz und Dekubitus gelten international als pflegesensitiv, d. h. als beeinflussbar durch die Arbeit der Pflegepersonen. Sie bilden somit einen Teilaspekt der Pflegequalität ab. Aufgrund der erwarteten Verschärfung des Fachkräftemangels in der Pflege stellt sich die Frage, ob weitere QI gemessen werden sollten, um die Pflegequalität in Schweizer Spitälern zu sichern. In einer vom nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) geförderten Recherche wurde daher untersucht, wie und anhand welcher QI andere Länder die Pflegequalität messen.

Dazu wurden erstens in der Literatur und bei Agenturen bzw. Organisationen, welche QM durchführen, nach möglichen QI gesucht; zweitens die beschriebenen QI extrahiert; drittens die Pflegesensitivität eingeschätzt und viertens die pflegesensitiven QI übergeordneten Themenbereichen zugeordnet.

Insgesamt hat die Recherche 18 Themenbereiche identifiziert, die mit entsprechenden QI international zur Messung der (Pflege-)Qualität genutzt werden (siehe oben im Kasten). Zu den drei Themenbereichen Sturz, Dekubitus und Patientenzufriedenheit führt der ANQ bereits heute nationale QM durch.

Abwägen von Nutzen und Aufwand

Bei der Entscheidung, ob in der Schweiz weitere Themenbereiche berücksichtigt werden sollten, müssen Nutzen und Aufwand abgewogen werden. Einerseits gilt es mit Patient:innen und Fachpersonen zu prüfen, in welchen Bereichen sie Qualitätsverbesserungs bzw. -stabilisierungspotenzial vermuten. Anderseits muss der Aufwand für eine zusätzliche QM geprüft werden.

Mit der Digitalisierung stehen vermehrt Daten, die während des Behandlungsprozesses im Spital anfallen, auch elektronisch zur Verfügung – mit hohem Potenzial für nationale Qualitätsmessungen (QM).

Bisher konnten oftmals nur administrative Daten wie z. B. Abrechnungsdaten oder Daten, die spezifisch für die QM erhoben wurden, genutzt werden. Administrative Daten weisen gerade bei nicht abrechnungsrelevanten QI meist eine ungenügende Datenqualität auf. Spezifisch für QM erhobene Daten bedingen einen hohen Personalaufwand für die Datensammlung, was unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels zunehmend kaum mehr realisiert werden kann.

Mit der Digitalisierung stehen vermehrt Daten, die während des Behandlungsprozesses im Spital anfallen, auch elektronisch zur Verfügung. Diese werden oft für die interne Qualitätsentwicklung, jedoch bisher kaum für nationale QM genutzt. Eine vom ANQ mitfinanzierte Machbarkeitsanalyse der Berner Fachhochschule weist auf ein hohes Potenzial dieser Daten für nationale QM hin.

Eine weniger aufwändige Datensammlungsmethode wäre ein zentraler Schritt im Bestreben, künftig mehr QI messen und einen Beitrag zur Stärkung der Pflegequalität leisten zu können.

Beitragsbild: Sollen weitere Qualitätsindikatoren gemessen werden, um die Pflegequalität in Schweizer Spitälern zu sichern? (Foto: Canva.com)

   

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