Die finanzielle Unterdeckung der Schweizer Spitäler hat eine kritische Schwelle überschritten. Dies zeigt eine neue Auswertung des Vereins Spitalbenchmark, die nahezu alle Spitäler und Kliniken der Schweiz einbezieht. Insbesondere im ambulanten Bereich decken die aktuellen Tarife die realen Kosten bei weitem nicht: Die Unterfinanzierung beträgt hier 25 Prozent. Für die Spitäler bedeutet dies, dass sie die notwendigen Gewinne für einen nachhaltigen Betrieb schlicht nicht erwirtschaften können.
Die Situation ist untragbar. Statt sich auf die medizinische Versorgung zu konzentrieren, müssen die Spitäler um das finanzielle Überleben kämpfen.
Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von H+
Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung befindet sich über die Hälfte der Spitäler und Kliniken in teilweise jahrelangen Tarifstreitigkeiten mit den Krankenversicherern. Diese Prozesse verschlingen wertvolle Zeit und finanzielle Mittel, die eigentlich der Patientenversorgung zugutekommen sollten. «Die Situation ist untragbar», betont Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von H+. «Statt sich auf die medizinische Versorgung zu konzentrieren, müssen die Spitäler um das finanzielle Überleben kämpfen.»
Die konstant zu tiefen Tarife zementieren die Unterfinanzierung der Spitäler und Kliniken. Mittelfristig drohen Einschnitte in der Versorgungsqualität, etwa durch verzögerte Investitionen in Infrastruktur oder Technologie.
Gleichzeitig spürt auch das Gesundheitspersonal die Folgen dieser finanziellen Misere: Ohne ausreichende finanzielle Spielräume können dringend benötigte Personalmassnahmen – wie attraktivere Löhne oder zusätzliche Stellen – nicht umgesetzt werden.
Die politisch gewollte Verlagerung von Leistungen in den ambulanten Bereich ist nur möglich, wenn Spitäler diese wirtschaftlich tragbar erbringen können.
Zu tiefe Tarife bremsen die Ambulantisierung und drängen die Spitäler immer weiter in die finanzielle Schieflage.
Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von H+
«Die Ambulantisierung ist sinnvoll und die Spitäler und Kliniken sind bereits daran, diesen Weg zu gehen. Doch zu tiefe Tarife bremsen diesen Wandel und drängen die Spitäler immer weiter in die finanzielle Schieflage», so Bütikofer.
H+ fordert deshalb sofortige Tariferhöhungen. Zusätzlich sind im Rahmen des neuen ambulanten Gesamt-Tarifsystems, das per 1.1.2026 in Kraft treten wird, schrittweise Anpassung der Tarife an die realen Kosten nötig.
«Die Spitäler stehen am Limit. Wenn jetzt keine Lösung kommt, riskieren wir eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung und neue kostspielige juristische Verfahren», warnt Bütikofer. H+ ruft Bund, Kantone und Krankenversicherer zu raschem Handeln auf, um die Tariflücken zu schliessen und die Spitäler langfristig zu stabilisieren.
Werden die ambulanten Tarife nicht angepasst, zementieren wir auch mit dem neuen Tarifsystem die Unterfinanzierung und bremsen damit die sinnvolle Ambulantisierung aus.
Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von H+
Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des neuen ambulanten Gesamt-Tarifsystems notwendig, welches ab 2026 den veralteten TARMED ablösen wird. «Werden die ambulanten Tarife nicht angepasst, zementieren wir auch mit dem neuen Tarifsystem die Unterfinanzierung und bremsen damit die geforderte und sinnvolle Ambulantisierung aus», betont H+ Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer.
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