Im letzten «Digital Health Report» (Angerer & Berger, 2023) wurden die Top 5 Sorgen der Spitäler und Kliniken identifiziert (siehe Abbildung). Die gute Nachricht ist: Diese Sorgen können mit dem Beitrag von Künstlicher Intelligenz (KI) teilweise gelindert werden. Zu den möglichen Vorteilen gehören eine personalisierte und verbesserte medizinische Versorgung der Patient:innen, schlankere administrative Prozesse und eine geringere Belastung des Spitalpersonals. Das Potenzial vom neuesten KI-Trend ist hoch, jedoch nicht ohne Hürden.
Sorgen aus Management-Sicht
Die KI kann als technologische Querschnittsfunktion im Einsatz mit anderen Technologien einiges leisten. Sie ist zwar kein Allheilmittel, ermöglicht aber intelligente, halb-autonome oder vollständig autonome Übernahme von Aufgaben im Gesundheitsbereich. Die KI –Techniken können in drei grosse Strossrichtungen aufgeteilt werden:
1. Symbolische KI: Explizit symbolische Wissensmodellierung durch Fachexpert:innen, um daraus Erkenntnisse mit einer logik- und regelbasierten Interferenzmaschine deduktiv abzuleiten. Beispiele sind medizinische Expertensysteme als Entscheidungsunterstützung.
2. Non-Symbolische KI: Numerische und damit statistische Auswertung von grossen Datenmengen, um Muster und Zusammenhänge induktiv zu erlernen oder darzustellen. Beispiele sind Machine Learning, Deep Learning sowie neu die Generative KI (Gen KI), um Inhalte zu erzeugen.
3. Hybride KI-Systeme: Versuch die zuvor genannten Ansätze zu kombinieren und damit die Stärken beider Stossrichtungen zu vereinen. Unter dem Begriff Explainable AI (XAI) sollen die Lernfähigkeit von Non-Symbolischer KI mit der Nachvollziehbarkeit der Symbolischen KI genutzt werden, um robustere, transparentere und damit vertrauenswürdigere Gesamtlösungen zu ermöglichen.
Bereits heute sind KI-Techniken in Form von Entscheidungssystemen und Optimierungsalgorithmen im Einsatz. Mit der verstärkten Verbreitung von Machine Learning (ML)-Techniken wurden die Anwendungsmöglichkeiten gesteigert. Mit der neuen Generativen KI (Gen KI) ist nun ein weiterer grosser Sprung in Richtung universelle Anwendung gelungen. Neueste Modelle sind beispielsweise in der Lage, synthetische Forschungsdaten zu erzeugen, personalisierte Medikamente zu entwickeln, detaillierte Dokumentationen automatisch zu erstellen, Krankheitsverläufe zu simulieren und neue interaktive diagnostische Methoden zu entwickeln. Eine Grundvoraussetzung für den Einsatz dieser neuen Modelle ist die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen klinischen Datenplattformen.
Das technische Potenzial scheint unbegrenzt zu sein, das gilt jedoch nicht immer für das Mindset der betroffenen Akteure. Denn für eine erfolgreiche Implementierung ist Akzeptanz seitens der Patient:innen und Mitarbeitenden eine Grundbedingung. Die Studie «Der konkrete Nutzen von Digital-Health-Lösungen» (Angerer et al., 2024) zeigte auf, dass die Dimension «Wollen» bei den meisten der 21 untersuchten Digital-Health-Lösungen erstaunlich positiv ausfiel. Beispielsweise soll hier das Gebiet «KI zur Verbesserung von Diagnosen» erwähnt werden. Ein Thema, dass häufig zu emotional aufgeladenen Diskussionen führt. Doch die Befragung von Expert:innen hat aufgezeigt: Sowohl bei den Patient:innen als auch bei den Fachkräften ist die Akzeptanz mit einem Wert von 3.3 auf einer 5er-Skala durchaus gegeben.
Aktuell gibt es in der Schweiz noch keine klare Gesetzgebung zur Anwendung von KI in der Medizin. Der Bundesrat und die FMH haben Leitlinien zur KI-Nutzung herausgegeben, doch insgesamt wirkt die Politik eher abwartend. Auf internationaler Ebene sind jedoch der «EU AI Act 2024» oder die «US Executive Order 14110 on AI» auch für den Gesundheitsbereich relevant.
Es gibt eine Vielzahl von sich ständig weiterentwickelnden Regulatorien, die beim Einsatz von KI im Augen behalten werden müssen. So beispielsweise:
KI im Spital wird immer relevanter und kann einen massgeblichen Beitrag zur Transformation hin zum Smart Hospital der Zukunft leisten. Dabei ist aber noch vieles im Wandel, grosses Potenzial ist mit Gen KI vorhanden, auch wenn einige Herausforderungen noch gemeistert werden müssen. Unsere Können-Wollen-Dürfen Analyse der Situation stimmt uns realistisch optimistisch. Wir empfehlen den Spitälern und Kliniken, proaktiv mit einer klaren Strategie und pragmatischem Governance-Rahmen an das Thema heranzugehen. Mittels kleinen Experimenten, Best-Practice-Ansätzen und Menschenverstand, kann der Nutzen die möglichen Risiken klar überwiegen. Mitarbeitende und Patient:innen können sich so auf das smarte, KI-unterstützte Spital der Zukunft freuen.
Angerer, A., & Berger, S. (2023). Der Digital Health Report 2023/2024. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Angerer, A., Berger, S., Kurpat, L., & Rast, L. (2024). Der konkrete Nutzen von Digital-Health-Lösungen in der Schweiz: Welchen Beitrag kann die Digitalisierung zur Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen leisten?
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