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10. Dezember 2024

Background

Konfliktmanagement

Gelingende Konfliktlösung in Spitälern und Kliniken

Wenn Druck und Stress im Klinikalltag zunehmen, sind Konflikte absehbar und der lösungsorientierte Umgang mit ihnen wird unverzichtbar.
Competence Thomas Kapitza

Autor

Thomas Kapitza

Mediator (SCCM/SKWM), Wirtschaftsmediator (IHK), Leiter des Medicine & Economics Ethics Lab, Universität Zürich

thomas@kapitza-konfliktmanagement.de

Competence Patricia Kapitza

Autorin

Patricia Kapitza

Wirtschaftsmediatorin (IHK), Zertifizierte Stress- und Burnout-Trainerin, Konfliktmanagerin, Kapitza Konfliktmanagement

patricia@kapitza-konfliktmanagement.de

Konflikte und Auseinandersetzungen sind Bestandteil des beruflichen Alltags. Im Spitalalltag sind die Berufsgruppen aufgefordert, gemeinsam die Patientenversorgung zugewandt, qualitativ angemessen und effizient durchzuführen. Diese hohe Anforderung zu erfüllen, ist nicht nur eine Frage der persönlichen Arbeitshaltung.

Konflikte beruhen oft darauf, dass Menschen in ihren Sichtweisen unterschiedlich sind und beim Streiten die Fähigkeit abhanden kommt, dies anzuerkennen.

Häufig geht es auch darum, dass alle Fachpersonen den Patient:innen das Gefühl geben, dass sie sich mit ihren Erkrankungen im Spital einer sicheren und kompetenten Umgebung anvertrauen können. Somit ist es wenig hilfreich, vor den Patient:innen betriebsinterne Konflikte auszutragen oder persönliche Abneigungen auszuleben. Auch die wirtschaftlichen Konsequenzen können erheblich sein.

Von Mücken und Elefanten

Informationen werden nicht ausreichend weitergeleitet, Arbeiten nur schlampig erledigt, Gerüchte tauchen auf und Intrigen werden spürbar.

Schwelende betriebsinterne Konflikte können erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen haben (Foto: Canva.com).

Es kann viele Anzeichen für beginnende oder bereits länger schwelende Konflikte am Arbeitsplatz geben. Wenn die Arbeitsmotivation der Kolleg:innen nachzulassen scheint, Gereiztheit, Aggressivität und sogar Feindseligkeit spürbar wird, schwindet bei den Konfliktbeteiligten die Bereitschaft, sich in die Probleme, Motive und Sichtweisen der Gegenseite hinein zu versetzen.

Was vielleicht als unbedachte Bemerkung oder kleiner rhetorischer Mückenstich begann, entwickelt sich schnell zum Problem-Elefanten. In einer am Null-Fehler-Ziel ausgerichteten Arbeitsumgebung wie der klinischen Patientenversorgung in Spitälern und Kliniken ist das aber nicht egal.

Komplexes Umfeld wirkt konfliktfördernd

Alle patientennahen Berufsgruppen handeln im Spitalalltag unter Unsicherheit, weil in den komplexen Versorgungsprozessen kaum jemand stets alles und dann auch noch möglichst aktuell wissen kann. Erschwerend hinzu kommen unterschiedliche Informationsstände aufgrund unterschiedlicher fachlicher Kompetenzen und Arbeitsschwerpunkte. Auch die hohe Arbeitsbelastung in Spitälern wirkt konfliktfördernd.

Eine wechselseitige Wertschätzung der Konfliktbeteiligten ist eine Grundbedingung für eine eigenverantwortliche Streitlösung.

Manchmal ist zu beobachten, dass die meist hierarchische Strukturierung der Berufsgruppen zu problematischen Situationen führen kann. In manchen Konflikten entkoppelt sich dann die hierarchische Durchsetzungsmacht von fachlich-rationalen Überlegungen und evidenzbasierte Anweisungen mutieren zu «eminenzbasiertem» Durchsetzungswillen. Auch kann es zu Schuldzuweisungen und wechselseitigen Abwertungen zwischen Berufsgruppen kommen.

Wirksame Konfliktarbeit bedeutet, dass die Beteiligten lernen, wie sie ihren Streit besprechen und ihre Interessen miteinander abgleichen können.

Ärztliche und pflegerische Führungspersonen müssen vielfach Versorgungsentscheidungen in ethischen Spannungsfeldern fällen. Hierzu gehören u. a. Abwägungen zwischen einer medizinisch-pflegerisch sinnvollen Patientenversorgung und der gleichzeitig finanziell bestmöglichen Anwendung der vorgegebenen Abrechnungssysteme.

Streiten ist nicht einfach

Meistens beruhen Konflikte im Kern darauf, dass Menschen in ihren beruflichen (und auch persönlichen) Sichtweisen unterschiedlich sind und beim Streiten die Fähigkeit abhanden kommt, dies anzuerkennen. Eine Grundbedingung für den Start der eigenverantwortlichen Streitlösung ist deshalb eine wechselseitige Wertschätzung zwischen den Konfliktbeteiligten.

Die Streitenden können besser aus ihren Konfliktrollen herauskommen, wenn sie dem Gegenüber positiv unterstellen, dass sein/ihr Verhalten einem gemeinsamen Ziel dienen soll, beispielsweise einer bestmöglichen Patientenversorgung.

Diese Wertschätzung sollte eine professionelle Grundhaltung darstellen, die es ermöglicht, persönliche und fachlich-sachliche Unterschiede als Chance für gute gemeinsame Entscheidungsprozesse zu sehen. Das hat viel mit Selbstführung im Alltag zu tun.

Ohne Übung kann es aber sehr schwer sein, einen gemeinsamen Konfliktlösungsprozess zu beginnen. Es kostet Überwindung, in Konfliktsituationen denjenigen Personen persönliche Wertschätzung entgegenzubringen, mit denen man sich im beruflichen, und vielleicht sogar schon persönlichen Streit befindet.

Lösungsorientiertes Streiten lernen

Wirksame Konfliktarbeit bedeutet, dass die Beteiligten lernen, wie sie ihren Streit besprechen und ihre Interessen miteinander abgleichen können. Damit wird ein Interessenausgleich durch Verhandlung möglich. Werden Wirtschaftsmediator:innen einbezogen, sind das neutrale Personen, welche dafür sorgen, dass die Konfliktparteien die Chancen für eine Befriedung ihres Konflikts erkennen und diese umsetzen können.

Empathie, verstanden als die Bereitschaft, die Beweggründe des anderen zu reflektieren, ist zentral in der Konfliktlösung.

Die Streitenden können besser aus ihren Konfliktrollen herauskommen, wenn sie dem Gegenüber positiv unterstellen, dass sein/ihr Verhalten einem gemeinsamen Ziel dienen soll, beispielsweise einer bestmöglichen Patientenversorgung. Dann entsteht Empathie, verstanden als die persönliche Bereitschaft, sich die Beweggründe und Interessen des anderen anzuhören und diese zu reflektieren. Das ist erfahrungsgemäss der wichtigste Schritt in der Konfliktlösung, weil er die Lösungsbereitschaft der Streitparteien stärkt.

Wenn die Fähigkeit zur positiven Unterstellung gegenüber anderen zum Bestandteil des Verhaltensrepertoires wird, kommt die Belohnung in Reichweite: Weniger Stress, Ärger und Frustration. Und das Gefühl von Selbstwirksamkeit, aus eigener Kraft eine schwierige Situation gemeistert zu haben. Das stärkt die persönliche Gelassenheit in künftigen Konfliktsituationen.

Beitragsbild: Canva.com

   

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