Standardisierte Protokolle, klinische Behandlungspfade, die medizinische Spezialisierung und Arbeitsteilung zwischen Fachärzt:innen und der Pflege – für die individuelle Betreuung von Patient:innen bleibt in diesem System wenig Platz. Besonders auf Intensivstationen können medizinische Fachpersonen auf Effizienz nicht verzichten. Jedoch kann dort mit dem Einsatz von User Experience (UX) Design mehr Menschlichkeit gewonnen werden, indem die Anwendungen zielgruppengerecht abgestimmt werden.
Die Gratwanderung zwischen Leben und Tod gehört auf Intensivstationen zum Arbeitsalltag. Es ist daher wenig überraschend, dass psychische Belastungen unter den Pflegefachkräften weit verbreitet sind. Für Patient:innen kommt erschwerend hinzu, dass die Betreuung durch Intensivpflegeteams oft von langer Dauer ist. Betroffene, die mitunter 14 oder mehr Tage lang behandelt werden müssen, erleben ständig wechselnde Teamkonstellationen. Die verschiedenen Fachkräfte haben häufig ein sehr detailliertes Bild von der Persönlichkeit ihrer Patient:innen, doch das kollektive Bewusstsein des Teams ist oftmals fragmentiert.
UX-Design kann Patient:innen in den verschiedenen Phasen ihres Aufenthalts auf der Intensivstation unterschiedlich unterstützen. Bildschirme am Patientenbett können die Uhrzeit, das Datum, den Ort oder den Tagesplan anzeigen. Virtual Reality (VR)-Erlebnisse lenken die Patient:innen ab, beispielsweise wenn auf der Bildschirmwand Naturszenen, geführte Meditationen oder sogar virtuelle Touren zu den persönlichen Lieblingsorten angezeigt werden. Ob per Videotelefonie oder Fernsehen: Die Möglichkeit zum virtuellen Verlassen des Spitalbettes kann wesentlich zum Erhalt der psychischen Gesundheit beitragen.
Mithilfe von UX-Design kann medizinisches Fachpersonal sowohl die personenbezogenen Daten als auch die individuellen Bedürfnisse von Patient:innen erfassen. So kann die Benutzeroberfläche – als Schnittstelle für den internen Austausch – auch das Pflegepersonal unterstützen. Das digitale Profil macht die analoge Patientenakte in Zukunft obsolet. Besonders für Mitarbeitende, die nicht regelmässig auf der Intensivstation anwesend sind, kann das hilfreich sein. Denkbar wäre zudem eine mobile App, über die Angehörige eine Übersicht über den Rehabilitationsplan erhalten und Erkrankte selbstständig ihre Fortschritte in Tagebuchform festhalten können. Dieser interaktive Dialog zwischen Betroffenen und Behandlungsteam unterstützt die Patient:innen in ihrem Wohlbefinden, da Bedürfnisse direkt und in eigenen Worten wiedergegeben werden können.
Fazit: Es braucht mehr als Effizienz und Einfachheit für eine menschliche Behandlung.
Beitragsbild: zvg Mashup Communications (Foto: freepic.com)