Der Bundesrat legt mit dem Bundesgesetz über die Arbeitsbedingungen in der Pflege (BGAP) einen Gesetzesentwurf vor, der zu Mehrkosten in der Pflege in allen Versorgungsbereichen führen wird. Der Gesetzesentwurf enthält aber keinerlei Bestimmungen darüber, wie diese Mehrkosten finanziert werden sollen.
Vielmehr erwartet der Bundesrat gemäss Erläuterndem Bericht vom 8. Mai 2024 (S. 47), dass die Leistungserbringer ihre finanziellen Ressourcen umverteilen und so die Mehrkosten auffangen. Eine solche Umverteilung ist im Hinblick auf die bestehende Unterdeckung bei den Tarifen und Beiträgen sowie bei der Restfinanzierung schlicht nicht möglich, zumal bereits heute eine massive Unterfinanzierung besteht.
H+ fordert daher, den Entwurf des BGAP zwingend mit Bestimmungen zu ergänzen, welche diese Mehrkosten der Leistungserbringer abgelten. Arbeitsrechtliche Auflagen, etwa zur Höchst- und Normalarbeitszeit des Pflegepersonals, haben deutliche Mehrkosten zur Folge. Ohne geklärte Finanzierung werden damit Erwartungen einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen geweckt, die in der Umsetzung daran scheitern werden, dass die Leistungserbringer sie nicht finanzieren können. Eine solche Situation würde zu Frustration bei den Pflegenden führen und das Ziel der Pflegeinitiative nicht näherbringen.
Der vorliegende Entwurf des BGAP wird für die Leistungserbringer Mehrkosten von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr allein schon für die Kompensation für kurzfristige, ungeplante Einsätze der Pflegepersonen generieren. Hinzu kommen Mehrkosten von bis zu 1,4 Milliarden Franken pro Jahr, falls der Bundesrat von seiner Kompetenz Gebrauch macht, die Wochenarbeitszeit für Pflegepersonen auf bis zu 38 Stunden zu verkürzen.
Dies geht aus dem Erläuternden Bericht des Bundesrats vom 8. Mai 2024 (S. 48) sowie aus der Regulierungsfolgeabschätzung des BSS vom 23. Januar 2024 (RFA, S. 54) hervor. Mit zusätzlichen Mehrkosten für weitere Massnahmen ist zu rechnen wie z. B. Senkung der Höchstarbeitszeit von 50 auf 45 Stunden (und die daraus sich ergebende Anhäufung von Überzeit und Überstunden, die ausgeglichen werden müssen), Entschädigung von Umkleidezeit, Pausen etc.
Die Finanzierung sämtlicher durch das BGAP generierten Mehrkosten muss nun aber zwingend geregelt werden. Insbesondere müssen die Mehrkosten ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGAP durch eine entsprechende Erhöhung der geltenden Tarife abgegolten werden, sei dies durch Tarifverhandlungen oder – wenn diese scheitern – mittels Festsetzung durch den zuständigen Kanton.
Um die Umsetzung des BGAP sicherzustellen, werden die geltenden Tarife in den relevanten ambulanten und stationären Tarifsystemen¹ erhöht. Die Erhöhung der Tarife soll ab Inkrafttreten des BGAP wirksam werden. Dies bedingt, dass die Tarife prospektiv auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens von den Tarifpartnern erhöht werden müssen.
Die Erhöhung der Tarife entspricht den geschätzten Mehrkosten der Pflegeleistungen pro Versorgungsbereich, auf Grundlage einer neutralen Kostenfolgeabschätzung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGAP. Die entstehenden Mehrkosten sind danach zumindest im stationären und im spitalambulanten Bereich individuell pro Leistungserbringer zu ermitteln und adäquat zu finanzieren, unter Berücksichtigung des konkreten Pflegebedarfs und nicht auf Basis von Durchschnittskosten pro Versorgungsbereich.
Können sich die Tarifpartner nicht auf eine Tariferhöhung einigen, setzt der zuständige Kanton die Tarife so fest, dass die durch das BGAP generierten Mehrkosten gedeckt sind. Die effektiven Mehrkosten werden nach drei Jahren überprüft und die Tarife bei Bedarf erneut angepasst.
Ferner werden die Tarife jedes Mal erhöht, wenn der Bundesrat seine Kompetenzen gemäss BGAP nutzt, um die arbeitsrechtlichen Auflagen zu verschärfen – sollten diese Kompetenzen denn im BGAP verbleiben.
1Im stationären Bereich sind dies SwissDRG (Akutsomatik), TARPSY (Psychiatrie), ST REHA (Rehabilitation), im ambulanten Bereich namentlich TARMED (ab 2026: kohärentes Tarifsystem aus TARDOC und Pauschalen), Tarif für ambulante Beratungs- und Pflegeleistungen, TarReha UV/IV/MV (Rehabilitation) sowie Tarif für Dialyseleistungen.
Beitragsbild: Canva.com