LLM Apertus als Impulsgeber für Spitalinnovation Focus Organisatorische Innovationen
Competence Readtime3 min
7. Oktober 2025

Focus

Schweizer Large Language Model

LLM Apertus als Impulsgeber für Spitalinnovation

Digitale Innovationen prägen zunehmend die Spitalorganisation. Sprachmodelle – wie das unlängst von der ETH Zürich und der EPFL veröffentlichte Apertus-Modell – spielen dabei eine wichtige Rolle.
Competence Gunnar Rätsch

Autor

Gunnar Rätsch

Professor für Biomedizininformatik, ETH/USZ, leitet u.a. das Foundation model for health der Swiss AI Initiative

raetsch@inf.ethz.ch

Competence Imanol Schlag

Autor

Imanol Schlag

Technischer Leiter des LLM-Projekts der Swiss AI Initiative

ischlag@ethz.ch

Competence Lara Bernasconi

Autorin

Lara Bernasconi

Leiterin Advanced Studies am Clinical Trials Center des Universitätsspitals Zürich (USZ), forscht auch zu klinischen LLM

lara.bernasconi@usz.ch

Die Digitalisierung im Spital steht unter doppeltem Druck: steigende Anforderungen treffen auf knappe Ressourcen. Large Language Models (LLMs) sind bald kein «nice-to-have» mehr, sondern entwickeln sich zu zentralen Organisationswerkzeugen. Internationale KI-Systeme sind jedoch häufig nicht auf die spezifischen Anforderungen hiesiger Spitäler zugeschnitten – weder in Bezug auf Datenschutz, Urheberrecht und Transparenz, noch in sprachlicher oder fachlicher Präzision. Genau hier setzt der Schweizer Ansatz an.

Vorteile des Schweizer LLM Apertus

Schweizer LLMs werden auf vertrauenswürdiger, kontrollierter Infrastruktur mit geprüften Daten trainiert. Forschende der ETH Zürich und der EPFL haben kürzlich das erste vollständig offene (Open-Source) Schweizer LLM Apertus vorgestellt, das auf dem Supercomputer Alps des Centro svizzero di calcolo scientifico (CSCS) trainiert wurde. Rechtliche Konformität, Nachvollziehbarkeit und Mehrsprachigkeit sind dabei integrale Bestandteile.

Apertus ist Open Source – Forschung und Spitäler entwickeln es gemeinsam für klinische Anwendungen weiter.

In einem nächsten Schritt dient dieses Basismodell als Ausgangspunkt für klinische Spezialisierungen, mit dem Ziel, eine höhere Präzision bei medizinischen Inhalten zu erreichen. Die Gewährleistung einer vollständigen Kompatibilität mit Schweizer Standards, Terminologien und Kodierungen ist ein weiteres Ziel. Die klinische Adaption soll auf speziell aufbereiteten, von personenbezogenen Daten bereinigten Texten – ideal­er­weise aus mehreren Spitälern – basieren. Datenschutz, sorgfältige Risikoabwägung und klare Prüfprozesse stehen im Vordergrund. Die Open-Source-Natur von Apertus ermöglicht es Forschungsinstitutionen und Spitälern, das Schweizer LLM gemeinsam weiterzuentwickeln.

Chance für Spitäler und Patient:innen

Durch ihre Open-Source-Natur bieten Schweizer LLMs wie Apertus den Spitälern erstmals die Möglichkeit, KI-Systeme unter vollständiger eigener Datenkontrolle und mit transparenten Governance-Strukturen zu betreiben. Das Potenzial für organisatorische Verbesserungen liegt insbesondere in drei Bereichen: Effizienz, Kommunikation und Wissensmanagement.

Künstliche Intelligenz verspricht eine präzisere, stärker individualisierte und in Echtzeit evidenzbasierte medizinische Versorgung. (Foto: Canva)
Künstliche Intelligenz verspricht eine präzisere, stärker individualisierte und in Echtzeit evidenzbasierte medizinische Versorgung. (Foto: Canva)

Effizienzgewinne entstehen z.B. durch sprachübergreifende Prozessharmonisierung, automatisierte Dokumentation und prägnante Zusammenfassungen.

In der Patientenkommunikation eröffnen digitale Assistenzsysteme neue Möglichkeiten: Sie beantworten Fragen vor und nach Behandlungen, koordinieren Termine oder liefern leicht verständliche Informationen.

Im Wissensmanagement können LLMs neue Leitlinien oder Forschungsergebnisse automatisch aufbereiten, sie können für die Schulung des medizinischen Personals genutzt werden und Ärzt:innen direkt im Behandlungsprozess unterstützen. Ein multimodaler Ansatz, der nicht nur auf Text basiert, sondern auch die simultane Analyse von Text-, Bild- und Audiodaten erlaubt, erschliesst ein erweitertes Potenzial für eine präzisere, stärker individualisierte und in Echtzeit evidenzbasierte medizinische Versorgung. Dieser Ansatz wäre beispielsweise für molekulare Tumorboards von grossem Nutzen. Die Evaluation anhand definierter Leistungskennzahlen und Standards bildet die Grundlage für eine verantwortungsvolle Implementierung.

Die nächsten Entwicklungen von Apertus werden auch die spezifischen Anforderungen des Schweizer Gesundheitswesens berücksichtigen.

Frühzeitige Planung und Personalschulung

Damit Schweizer LLMs ihr volles Potenzial entfalten können, ist eine frühzeitige Betriebsplanung erforderlich, ergänzt durch gezielte personelle und infrastrukturelle Anpassungen. Neue Rollen entstehen im Spital, flankiert von Schulungsprogrammen für alle Berufsgruppen. Technisch sind leistungsfähige und sichere Infrastrukturen sowie eine nahtlose Integration in bestehende Systeme erforderlich. Zur Qualitätssicherung gehören regelmässige Validierungen, Feedbackschleifen und ethische Bewertungen. Der ­lokale Betrieb ermöglicht Datensouveränität von Spitalorganisationen und minimiert externe Abhängigkeiten, erfordert jedoch entsprechende Infrastrukturinvestitionen.

Apertus zielt auf ein transparentes, nachvollziehbares und regulatorisch konformes KI-System ab. Die nächsten Entwicklungen werden auch die spezifischen Anforderungen des Schweizer Gesundheitswesens berücksichtigen.

Beitragsbild: Die Weiterentwicklung des Schweizer LLM Apertus wird gezielt auf die Anforderungen des Schweizer Gesund­heitswesens ausgerichtet. (Bild: ETH Zürich, EPFL, CSCS/Molinari Design)

   

Bleiben Sie informiert über aktuelle Themen mit unserem monatlichen Newsletter