
Am Kantonsspital Winterthur (KSW) werden VR-Simulationen gezielt in die praktische Pflegeausbildung integriert. Realitätsnahe Szenarien fördern die fachliche und persönliche Entwicklung und stärken Problemlösungsstrategien. Im geschützten Lernumfeld können die Auszubildenden komplexe Situationen beliebig oft trainieren, Fehler risikolos erleben und sofortiges Feedback erhalten. Als innovative Lernmethode trägt VR zudem zur Arbeitgeberattraktivität bei.
Mit VR-Technik trainieren Auszubildende Standard- und Notfallsituationen unabhängig der Patientenverfügbarkeit. VR gilt bei den Auszubildenden als zeitgemässe und attraktive Lernmethode, welche die Motivation und den Lernerfolg steigert – wie auch das BeLEARN-Projekt¹ der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) zeigt. Vertieft in Szenarien einzutauchen, erhöht die Nachhaltigkeit des Gelernten.
Auszubildende gewinnen durch VR-Simulationen Routine in Abläufen und verfeinern die Gesprächsführung sowie Kommunikation in Notfällen. Problemlösungsstrategien werden gestärkt und Handlungssicherheit aufgebaut; das realistische Präsenzgefühl spielt dabei eine zentrale Rolle. Evaluation und Reflexion im Anschluss fördern einen Perspektivwechsel, Erkenntnisgewinn und das Verständnis für Gesamtsituationen. Die Auszubildenden lernen aus Fehlern und festigen ihr Wissen – in einer respektvollen Atmosphäre.
Das Projekt wird durch den Kanton Zürich und den Bund im Rahmen der ersten Umsetzungsetappe der Pflegeinitiative finanziert. Dies ermöglicht es, VR-Simulationen umfassend in die Pflegeausbildung am KSW zu integrieren. Die enge Zusammenarbeit von Bildungs- und Fachexpert:innen am KSW und kontinuierliche Evaluation sichern die Relevanz und Qualität.
2024 wurden in einem Vorprojekt rund 120 VR-Simulationen mit 34 Auszubildenden durchgeführt. Die Rückmeldungen waren überwiegend positiv: Die Auszubildenden schätzten die Realitätsnähe und Praxisrelevanz. Viele berichteten, dass sie die virtuelle Umgebung bald vergassen und emotionale Reaktionen ähnlich wie in realen Stresssituationen erlebten – ein klarer Mehrwert des sicheren Trainingsumfelds.
Gleichzeitig zeigte sich: VR ist nicht geeignet, um einzelne Handlungen zu trainieren, eignet sich aber hervorragend, um Abläufe und Prozesse einzuüben. Wichtig bleibt daher eine ausgewogene Kombination verschiedener Lernformen. Vereinzelt trat anfänglich «Motion Sickness» auf, eine Kinetose wie bei einer Reisekrankheit, die sich meist rasch legte.
Die Pflege ist als Berufsfeld mit sinnstiftender Arbeit und vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten äusserst attraktiv. Der öffentliche Fokus liegt hingegen hauptsächlich auf dem Fachkräftemangel und Arbeitsstress.
Moderne Lernmethoden wie VR-Simulationen können die Wahrnehmung des Pflegeberufs positiv beeinflussen – als lernorientierte, innovative Profession im dynamischen Gesundheitswesen. Nachhaltig in den Ausbildungscurricula verankert, kann VR die Attraktivität von Ausbildungsbetrieben und Bildungszentren stärken.
Darüber hinaus eröffnen sich Potenziale für andere Gesundheitsberufe und interprofessionelle Settings. Eine Skalierung kann Kosteneffizienz fördern. Gemeinsame Trainings verschiedener Berufsgruppen können die Zusammenarbeit vertiefen. Nicht von ungefähr sind auch im E-Sportbereich Teamsportarten sehr beliebt. Weitere Einsatzfelder reichen vom Onboarding neuer Mitarbeitender bis hin zum Training von neuen, komplexen Prozessen.
VR-Simulationen entwickeln sich zu einer zentralen Lernform und ergänzen E-Learning und Frontalunterricht. Sie verbinden Innovation mit Lernen – entscheidend für die Gesundheitsberufe. Damit leisten sie einen Beitrag, um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern und das Selbst- wie Fremdbild der Pflege zu verbessern.
1Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung, Prof. Dr. Salzmann, Patrizia (2025). Projekt Virtuelle Realität in der Pflege- und Medizininformatikausbildung.
Beitragsbild: Zwei Studierende Pflegefachpersonen HF trainieren gemeinsam in einem Szenario im virtuellen Raum. (Foto: KSW)