Forschung ETH Zürich, Ein Pflaster für das Herz (Bild: Soft Robotics Laboratory / ETH Zürich)
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7. August 2025

ETH Zürich / USZ

Ein Pflaster fürs Herz

Ein neuartiges, gewebeverstärktes Patch könnte defekte Stellen im Herzen nicht nur wie bis anhin verschliessen, sondern heilen. Ein interdisziplinäres Team der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich hat das Pflaster erfolgreich in Tieren implantiert.

Nach einem Herzinfarkt ist der Blutfluss zum Herzen unterbrochen, und der dadurch verursachte Sauerstoffmangel kann Schäden am Herzmuskel auslösen. In schweren Fällen kann dies zu einem Riss in der Herzwand führen, was einen sofortigen chirurgischen Eingriff erfordert. Heute werden solche Herzdefekte mit Pflastern aus Rinderherzbeuteln geschlossen, weil sie stabil, durchlässig und leicht zu implantieren sind.

Unser Ziel war es, ein Pflaster zu entwickeln, das einen Defekt nicht nur verschliesst, sondern dazu beiträgt, diesen ganz zu beheben.»

Prof. Robert Katzschmann, ETH Zürich

Nun hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich (USZ) unter Leitung von Professor Robert Katzschmann und Professor Omer Dzemali ein neuartiges, dreidimensionales Herzpflaster entwickelt. Dieses haben sie soeben im Fachmagazin Advanced Materials vorgestellt.

Nicht nur verschliessen, sondern heilen

Die derzeit verwendeten Rinderperikardpatches, kurz BPPs, haben erhebliche Nachteile: Sie sind biologisch inaktiv. Das heisst, sie bleiben als Fremdkörper im Herzen und können nicht abgebaut werden. Ausserdem können sie unerwünschte Reaktionen wie Verkalkung, Thrombosen oder Entzündungen hervorrufen.

Der sogenannte ‘RCPatch’ (Reinforced Cardiac Patch) könnte langfristig eine Alternative zu herkömmlichen Patches aus Rinderperikard werden: «Unser Ziel war es, ein Pflaster zu entwickeln, das einen Defekt nicht nur verschliesst, sondern dazu beiträgt, diesen ganz zu beheben», erklärt Katzschmann.

Ein Patch, drei Komponenten

Das Pflaster kombiniert ein Abdichtungsnetz, ein 3D-gedrucktes Gerüst für Stabilität mit einem Hydrogel, das mit Herzmuskelzellen besiedelt ist, damit es sich dem Gewebe anpasst. «Das Gerüst ist stabil genug und bietet uns gleichzeitig die Möglichkeit, es mit einem Hydrogel mit lebenden Zellen zu füllen», erklärt Lewis Jones, Erstautor der Studie.

Der grosse Vorteil besteht darin, dass sich das Stützgerüst vollständig auflöst, nachdem die Zellen sich mit dem Gewebe verbunden haben. Es bleibt also kein Fremdkörper mehr übrig.

Lewis Jones, ETH Zürich, Erstautor der Studie

Um die Gitterstruktur im Herzen gut anbringen zu können, haben die ETH-Forschenden diese mit einem dünnen Netz kombiniert. Auch dieses Netz haben Katzschmann und sein Team mit dem gleichen Hydrogel angereichert. Dadurch kann sich der RCPatch vollständig in das umliegende Gewebe integrieren und mit den Herzmuskelzellen verwachsen. «Der grosse Vorteil besteht darin, dass sich das Stützgerüst vollständig auflöst, nachdem die Zellen sich mit dem Gewebe verbunden haben. Es bleibt also kein Fremdkörper mehr übrig», erläutert Jones.

Erste Tests am Herzen

Ein erster Tierversuch zeigte, dass sich das Pflaster gut implantieren lässt, und dem hohen Druck im Herzen standhält. Den Forschenden ist es dabei gelungen, Blutungen zu verhindern und die Herzfunktion wiederherzustellen. In präklinischen Tests an Schweinemodellen konnte der RCPatch einen künstlich erzeugten Defekt in der linken Herzkammer erfolgreich verschliessen.

Damit schafft die Forschungsgruppe eine vielversprechende Grundlage, um ein implantierbares, mechanisch verstärktes und gewebebasiertes Herzpflaster für Menschen zu entwickeln. Dieser Ansatz könnte es ermöglichen, geschädigte Bereiche des Herzens nach einem Herzinfarkt zu verstärken, schrittweise ganz zu regenerieren und damit das Herz zu heilen.

In den nächsten Schritten wollen die Forschenden das Material weiterentwickeln und seine Stabilität in länger dauernden Tierstudien untersuchen.

Beitragsbild: Abbildung des 3D-gedruckten Gerüsts, das im Herzgewebe kontrahiert (Bild: Soft Robotics Laboratory / ETH Zürich)

   

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