Competence Readtime4 min
10. Juni 2025

Background

Interprofessionelle Immersion

Medizin und Pflege lernen gemeinsam

Um die interprofessionelle Ausbildung zu stärken, hat die Universität Zürich gemeinsam mit Partnerinstitutionen aus Bildung und Praxis ein Lehrangebot für Medizin- und Pflegestudierende entwickelt.
Competence Myrta Kohler

Autorin

Myrta Kohler (1)(2)

PhD, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität und Universitätsspital Zürich

myrta.kohler@uzh.ch

Competence Rahel Naef

Autorin

Rahel Naef (1)(2)

PhD, Professorin für Implementation Science in Pflegewissenschaft, Stv. Institutsdirektorin, Universität und Universitätsspital Zürich

rahel.naef@uzh.ch

Interprofessionelle Teamarbeit im Gesundheitswesen stellt eine Alltagsrealität dar und ist ein zentraler Erfolgsfaktor für eine patientenorientierte, integrierte Gesundheitsversorgung.¹ Interprofessionelle Ausbildung findet statt, wenn Angehörige zweier oder mehrerer Berufe miteinander, voneinander und übereinander lernen.²

Um diese Ausbildungsform und somit die interprofessionelle Zusammenarbeit weiter zu fördern, hat ein Projektteam aus Bildung (Humanmedizin UZH, Pflege ZHAW, ZAG, Careum, siehe Autor:innenliste) und Praxis (vier Zürcher Universitätsspitäler) das neue Modul «Interprofessionelle Immersion» entwickelt.

Die «Interprofessionelle Immersion»

Studierende der Medizin und der Pflege haben im Modul «Interprofessionelle Immersion» die Möglichkeit, interprofessionelle Teamarbeit im Praxisalltag zu gestalten und zu reflektieren. Dabei können sie vertiefte Kompetenzen für die interprofessionelle Versorgung der Patient:innen erwerben.

Ich sehe einen absoluten Nutzen des Moduls für meine Berufslaufbahn. Eine schlechte Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Pflegepersonal wirkt sich negativ auf die Behandlung aus, ich habe mein Verständnis für die Pflegeberufsgruppe erweitert.

Medizinstudent, Teilnehmer des Moduls «Interprofessionelle Immersion»

Für die Dauer des Moduls werden Lerntandems zwischen Medizin- und Pflegestudierenden an einem Spital gebildet, an dem sie im Rahmen ihrer Unterassistenzstelle respektive eines Praktikums tätig sind. Für Medizinstudierende ist es ein Wahlpflichtmodul während des 5./6. Studienjahrs, für Pflegestudierende HF und FH findet die interprofessionelle Immersion während eines Pflegepraktikums im 2. oder 3. Studienjahr statt.

Modulübersicht Interprofessionelle Immersion (Abbildung: Universität Zürich)

Das Modul im Detail

Das Modul besteht aus fünf Lerneinheiten im Umfang von 30 Lernstunden (siehe Abbildung) und ist modular und flexibel aufgebaut. Die Lerntandems planen die Lerneinheiten über ein bis vier Wochen selbstverantwortlich.

Nachdem sich die Studierenden mittels e-Learning theoretisch mit der interprofessionellen Zusammenarbeit auseinandergesetzt haben, begleiten sie sich gegenseitig bei einem halbtägigen Work­shadowing, um die Arbeit der anderen Berufsgruppe kennenzulernen. Anschliessend befassen sich die Studierenden mit Patient:innensituationen, für die sie gemeinsam verantwortlich sind: Sie führen zusammen pa­tientenbezogene Interventionen durch, erarbeiten einen interprofessionellen Behandlungsplan und diskutieren diesen mittels Fallbesprechung mit ihren Kolleg:innen. In diesen Phasen werden die Lerntandems durch Pflegefachpersonen und Ärzt:innen fachlich begleitet.

Zum Abschluss reflektieren sie ihre Erfahrungen in virtuellen Kleingruppen und formulieren eigene Erkenntnisse für das weitere Studium und Berufsleben.

Erste positive Erfahrungen bei der Umsetzung

Seit Oktober 2024 wird das Modul angeboten. Die Bildung der Tandems in den Spitälern ist aus organisatorischer Sicht herausfordernd, da die Studierenden beider Berufsgruppen im gleichen Zeitraum am Spital tätig sein müssen.

Das Wahlpflichtmodul stösst bei Studierenden der Medizin sowie der Pflege auf breites Interesse.

Studierende erfahren das Modul als zielführend: «Ich sehe einen absoluten Nutzen des Moduls für meine Berufslaufbahn. Eine schlechte Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Pflegepersonal wirkt sich negativ auf die Behandlung aus, ich habe mein Verständnis für die Pflegeberufsgruppe erweitert», so ein Medizinstudent. Ein anderer Medizinstudent zeigte sich überrascht: «Ich hatte bis jetzt keine Ahnung, was das, was ich als Arzt verschreibe, für die Patient:innen und die Pflegenden bedeutet, die das umsetzen». Es ist allgemein festzustellen, dass das Wahlpflichtmodul bei Studierenden beider Berufsgruppen auf breites Interesse stösst, die Bereitschaft für eine Modulteilnahme ist entsprechend hoch.

Verstetigung des Moduls

Das Modul «Interprofessionelle Immersion» leistet einen wichtigen Beitrag für die interprofessionelle Ausbildung von Medizin- und Pflegestudierenden. Die interprofessionelle und institutionsübergreifende Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Umsetzung des Moduls hat sich bewährt, das Modul kann nun in den jeweiligen Studiengängen etabliert werden.

Co-Autorinnen: Ursina Wälchli (2) , Barbara Holzer (3), Christel Baptist (4), Isabel Conde (5), René Duchow (6), Marion Huber (7), Lorenzo Käser (8), Irène Ris (9), Dominik Schaer (3),(10), Marlene Sicher (11), Yvonne Krichling (11), Kathleen Treisch (12), Monika Wieland (13)

(1) Universitätsspital Zürich, Zentrum für Klinische Pflegeforschung.
(2) Universität Zürich, Medizinische Fakultät, Institut für Implementation Science in Health Care.
(3) Universitätsspital und Universität Zürich, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin.
(4) ZAG – Zentrum für Ausbildung im Gesundheitswesen.
(5) Universitätsklinik Balgrist, Bildung Pflege.
(6) Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Direktion Pflege, Therapien und Soziale Arbeit, Kompetenzzentrum Bildung.
(7) Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Gesundheit, Institut für Public Health.
(8) Universitätsspital Zürich, Direktion Forschung und Lehre, Resort Lehre.
(9) Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Gesundheit, Institut für Pflege.
(10) Universität Zürich, Medizinische Fakultät, Studiendekanat.
(11) Careum, Bildungszentrum, Höhere Fachschule Pflege.
(12) Universitätsspital Zürich, Bildung Pflege.
(13) Universitäres Kinderspital Zürich, Bildung Pflege und MTB.

Literatur

1Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Charta 2.0 Interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen 2020.

2CAIPE – The Centre for the Advancement of Interprofessional Education. Promoting health and wellbeing, to improve the health and social care of the public, by advancing interprofessional education. 2024.

Beitragsbild: Interprofessionelles Team im Spital (Foto: Daniel Winkler)

   

Bleiben Sie informiert über aktuelle Themen mit unserem monatlichen Newsletter