Im Jahr 2012 ist die neue Spitalfinanzierung in Kraft getreten. Die Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) hatte zum Ziel, mit leistungsbezogenen Pauschalen für mehr Leistungswettbewerb unter den Spitälern und Kliniken zu sorgen. Grundsätzlich erhalten alle Spitäler für die gleiche Arbeit gleich viel Geld. Davon profitieren diejenigen Spitäler, die ihre Leistungen kostengünstig erbringen. Spitäler mit zu hohen Kosten geraten dagegen unter Zugzwang. Sie müssen effizienter werden oder sich neu ausrichten. Sonst scheiden sie aus dem Markt aus. Soweit die Theorie.
Die Idee hinter der neuen Spitalfinanzierung war grundsätzlich gut: Der Leistungswettbewerb unter den Spitälern sollte zu einer Konsolidierung in der stark fragmentierten und kleinräumigen Spitallandschaft führen. Doch von diesem Strukturwandel ist bisher wenig zu sehen. Seit Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung hat sich die Zahl der allgemeinen Spitäler um nur 15 Häuser reduziert (vgl. Grafik). Deshalb weist die Schweiz im internationalen Vergleich weiterhin eine hohe Dichte an medizinischen Geräten auf. Die Spitäler sind hier nämlich im Schnitt kleiner als in anderen Ländern. Als Folge davon gibt es Redundanzen bei der Spitalinfrastruktur.
Die überfällige Strukturbereinigung findet aus verschiedenen Gründen nicht statt. Ineffiziente Spitäler scheiden nicht aus dem Markt aus, weil sie von den Kantonen subventioniert werden. Besonders problematisch sind jene Fälle, in denen die Kantone Eigentümer solcher Häuser sind.
Spitalschliessungen sind unpopulär. Die verantwortlichen Politiker:innen fürchten um ihre Wiederwahl, wenn sie die Spitäler ihrem Schicksal überlassen. Die Stimmbürger:innen wünschen sich nämlich ein Spital in ihrer Nähe. Kurze Wege geben Sicherheit, denn im Notfall ist das Spital gleich um die Ecke. Und die Ansprüche der Bevölkerung an die Gesundheitsversorgung steigen: Möglichst nah und möglichst schnell soll es gehen, auch bei kleineren Beschwerden wird sofort die Notfallstation des Spitals aufgesucht.
Ein weiterer Grund für die ausbleibende Konsolidierung ist, dass die Ambulantisierung zu wenig schnell vorankommt. Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) ist zwar beschlossen, muss aber noch die Referendumshürde nehmen. Weil ferner ambulante Tarife die Kosten in vielen Fällen nicht decken, sind stationäre Behandlungen oftmals finanziell attraktiver.
Der Leistungswettbewerb hat bisher nicht zur gewünschten Konsolidierung geführt. Eine Strukturbereinigung wird aber langfristig unumgänglich sein. Denn die angestrebte Ambulantisierung wird zu Überkapazitäten im stationären Bereich führen, die es abzubauen gilt.
Die finanzielle Situation vieler Spitäler und Kliniken ist derzeit angespannt. Dies hat auch mit der fehlenden Konsolidierung zu tun, da Fachkräftemangel und fehlende Skaleneffekte ihre Rentabilität vermindern. Sie sehen sich mit steigenden Kosten (u. a. Inflation, Energie, Personal) bei starren Tarifen konfrontiert. Mittlerweile schreiben nicht nur kleinere Regionalspitäler, sondern auch Zentrumsspitäler rote Zahlen. Die Tarifgestaltung ist deshalb eine Gratwanderung: Einerseits sollen die Tarife den Wettbewerbsdruck aufrechterhalten. Andererseits dürfen sie nicht dazu führen, dass jedes zweite Spital aufgrund steigender Inputkosten in ein strukturelles Defizit rutscht.
Die Kantone dürfen die Konsolidierung auf keinen Fall durch strukturerhaltende Eingriffe behindern. Nur so könnten Skaleneffekte erzielt werden und Spitäler mit tiefen Fallzahlen müssten sich stärker spezialisieren. Heute besteht die Gefahr, dass effizient geführte Spitäler geschlossen werden, während Spitäler, die eigentlich aus dem Markt ausscheiden müssten, vom Staat am Leben erhalten werden.
Beitragsbild: Im stationären Bereich wird die angestrebte Ambulantisierung zu Überkapazitäten führen (Foto: Canva.com).