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15. August 2023

TREND

Digitale Gesundheit

Solidarität im digitalisierten Gesundheitssystem

Eine neue Studie zeigt, wie Gesundheitsfachleute und Bürger:innen auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens schauen: Der Staat setzt den rechtlichen Rahmen. Jeder soll selber über seine Daten entscheiden können und stets soll der Nutzen für den Menschen im Fokus stehen.
Competence Sara Käch

Autorin

Sara Käch

Managing Partner Sensor Advice GmbH

sk@sensoradvice.ch

Gemäss der vorliegenden Studie von Sensor Advice im Auftrag der Stiftung Sanitas Krankenversicherung sind die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen zumindest teilweise im Alltag bereits spürbar. Chancen für solidarisches Verhalten sind erkennbar. Dass das Teilen von Daten der Allgemeinheit nützt und damit die Solidarität gestärkt werden kann, ist jedoch bei Gesundheitsfachleuten und Bürger:innen noch wenig verankert.

Effizienzgewinne sind erst teilweise spürbar

Dass der Nutzen der Digitalisierung sowohl bei Gesundheitsfachleuten wie auch bei Bürger:innen erst teilweise sichtbar ist, liegt auch an der wahrgenommenen mangelnden Interoperabilität der Systeme. Gesundheitsfachleute stellen fest, dass das Befüllen der Systeme zusätzlich Zeit in Anspruch nimmt, die beim Patienten, der Patientin fehlt. Gleichzeitig schlagen sich die Effizienzgewinne wegen mangelnder technischer und semantischer Standards im Alltag erst teilweise nieder. Der Austausch mit Patient:innen erfolgt heute zudem über eine Vielzahl von Kanälen und nicht mehr ausschliesslich über das Telefon oder vor Ort. Dies ist in den Tarifsystemen bisher jedoch nicht konsequent abgebildet. Auch sind Gesundheitsfachpersonen gefordert, der Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit Grenzen zu setzen.

Das Messen und Teilen von Gesundheitsdaten kann ein Akt der Solidarität sein.

Bürger:innen nutzen Apps von Krankenversicherern bereits rege und buchen ihren Arzttermin gerne online. Gleichzeitig fragen sie sich, wieso sie ihre Gesundheitsdaten noch nicht schlank digital verwalten können. Sie wünschen sich de facto ein nutzerfreundliches Elektronisches Patientendossier (EPD). Die Dialogteilnehmenden sehen den Staat in der Pflicht, um einen vertrauensfördernden rechtlichen Rahmen für ein funktionierendes Gesundheitsdatenökosystem zu schaffen. Es soll jedoch niemand gezwungen werden, seine Daten zu teilen.

Fördern der Datenkompetenz als Gemeinschaftsaufgabe

Bürger:innen wollen Eigentümer ihrer Gesundheitsdaten sein und über deren Nutzung selbst entscheiden. Gleichzeitig sehen sie die Akteure des Gesundheitswesens in der Verantwortung, die verfügbaren Daten etwa zum Messen des Therapieerfolgs, systematisch auszuwerten. Für das Teilen von Daten sind Vertrauen und Sicherheit wichtige Voraussetzungen. Selbstverantwortung ist mit Blick auf das Monitoring der eigenen Gesundheit zentral. Dazu müssen die Menschen in einem datafizierten Gesundheitssystem jedoch erst befähigt werden. Diese Datenkompetenz muss als Gemeinschaftsaufgabe aller Akteur:innen gefördert werden. Gesundheitsfachpersonen, die im direkten Austausch mit Patient:innen stehen, kommt dabei eine besondere Rolle zu.

Datenkompetenz muss als Gemeinschaftsaufgabe aller Akteur:innen gefördert werden.

Der Mensch muss im Zentrum stehen

Die Studie zeigt auf, dass der Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle Menschen und eine damit verbundene finanzielle Solidarität sowohl für Gesundheitsfachleute wie auch für die Bürger:innen von zentraler Bedeutung sind. Dass auch das Messen und Teilen von Gesundheitsdaten ein Akt der Solidarität sein kann, muss erst noch vermittelt werden. Der Digitalisierung steht man grundsätzlich offen gegenüber. Wichtig ist dabei, dass der Nutzen für den Menschen stets an erster Stelle steht. Die digitale Transformation bringt zudem Veränderungen in der Interaktion zwischen Gesundheitsfachpersonen und Patient:innen. Letztere informieren sich häufig mittels Internetrecherchen vor dem Besuch beim Arzt/bei der Ärztin und wünschen sich Gespräche auf Augenhöhe. Rollen und Beziehungen müssen deshalb neu definiert werden.

Die Stiftung Sanitas Krankenversicherung möchte vielfältige Perspektiven auf Fragestellungen rund um die Digitalisierung des Gesundheitssystems und die Solidarität in den Diskurs einbringen. Mehr Insights zur durch Sensor Advice durchgeführten Dialogreihe «Gesundheit digital» sind auf der Webseite zum Projekt abrufbar. Die Studie ist im Rahmen der SGGP-Schriftenreihe als Buch und e-book erschienen und kann hier bestellt werden.

Beitragsbild: zvg GS1 Switzerland