Zwei Narkoseärzte schieben den Patienten nach der Hüftoperation aus dem Operationssaal und rollen das Spitalbett um die Ecke in den Aufwachraum. Während der Patient wieder zu sich kommt, unterbricht die zuständige Anästhesistin mehrmals ihre Arbeit, um seinen Zustand zu kontrollieren: Von der Theke, die versetzt hinter der Ecke steht, fehlt der direkte Sichtkontakt. Der Patient muss sich übergeben. Nun wäre die Pflegefachperson froh, sie müsste nicht mit der vollen Schale durch den Gang zum Ausguss laufen.
Das Beispiel illustriert Engstellen, schlechte Übersichtlichkeit und ungünstige Arbeitsabläufe in einem Spital. Exakt solche Schwachpunkte konnten bei der Planung eines Neubaus am Spital Bülach ausgemerzt werden, nachdem das Projekt am Swiss Center for Design and Health (SCDH) in Nidau bei Biel/Bienne in einem Workshop im Massstab 1:1 simuliert worden war.
Am nationalen Technologiekompetenzzentrum für Designforschung im Bereich Gesundheit, das 2019 als Public-Private-Partnership gegründet wurde und vom Bund, dem Kanton Bern und Privaten finanziert wird, steht dafür eine 560 Quadratmeter grosse Extended-Reality-Simulationsfläche zur Verfügung. Grundrisse können auf den Boden projiziert werden, Wände, Türen und Fenster in passender Grösse aus Karton realisiert und die Räume mit medizinischen Geräten, Patientenliegen und weiterem Mobiliar ausgestattet werden.
In diesem realitätsgetreuen Umfeld begegnen sich Spitaldirektor:innen, Planer:innen sowie die zukünftigen Nutzenden – dieser partizipative Ansatz ist für die Expert:innen des SCDH zentral. Dieses gemeinsame Suchen nach optimalen Lösungen hat auch den Leiter Unternehmensentwicklung des Spital Bülachs, Jens Diele, überzeugt. Er erzählt, dass nach dem SCDH-Workshop zu einem geplanten Neubau die Grundrisse überarbeitet worden seien und die Nutzenden viel besser hinter der Planung stünden.
Nicht nur Baufehler kosten Geld. Am SCDH stehen optimierte Arbeitsprozesse, bessere Kommunikationsabläufe, erhöhte Sicherheit von Patient:innen und Personal sowie die Zufriedenheit der Angestellten im Fokus, wie der Managing Director Stefan Sulzer betont. Er nennt ein Beispiel: «Eine gute Signaletik kann die Prozesse in einem Gesundheitsbau über die Nutzungsdauer von mehreren Jahrzehnten optimieren».
«Theoretisch sollte es keine schlecht geplanten Räume und Funktionsbereiche mehr geben», sagt Daniel Pauli, Architekt und Spitalplaner. Pläne entsprächen der Wahrheit, aber nicht immer zu 100 Prozent. Die tatsächliche Dimension von Ausstattungen und Räumen werde zweidimensional schlechter erfasst. Der Massstab 1:1 schaffe Bewusstsein für die Bedürfnisse der Nutzenden, sagt Sabine Hahn, Leiterin angewandte Forschung und Entwicklung Pflege an der Berner Fachhochschule sowie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des SCDH. Oft würden die vielen Wegstrecken, die Pflegefachpersonen am Arbeitsplatz zurücklegten, unterschätzt.
Beitragsbild: Simulationsraum am Swiss Center for Design and Health (SCDH) in Nidau bei Biel/Bienne (Foto zvg/Swiss Center for Design and Health).