Die Gesundheitliche Vorausplanung (GVP) bezweckt, dass jede Person im Fall der Urteilsunfähigkeit möglichst so behandelt und betreut wird, wie sie es wünscht. Der Bundesrat hat sich zum Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für die GVP zu verbessern. Deshalb hat er das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) beauftragt, eine Arbeitsgruppe «Gesundheitliche Vorausplanung» einzusetzen. Diese Arbeitsgruppe hat nun ein Modell für die GVP in der Schweiz erarbeitet. Das Modell ist bis zum 15. Juli 2022 in eine breite Vernehmlassung geschickt worden.
Die GVP birgt viel Potenzial: Rund 70 Prozent der Todesfälle in der Schweiz treten nicht plötzlich und unerwartet ein, sondern nach einer mehr oder weniger langen Phase der Krankheit oder zunehmender Gebrechlichkeit (Bosshard et al. 2016). Das heisst, der letzte Lebensabschnitt kann frühzeitig und vorausschauend vorbereitet werden.
Patientenverfügungen sind in der Schweiz bislang wenig verbreitet. Bei der Bevölkerung über 65 Jahre geben 44 Prozent an, über ein schriftliches Dokument mit Behandlungswünschen am Lebensende zu verfügen (Pahud, 2021). Eine weitere Herausforderung ist, dass Patientenverfügungen in der heutigen medizinischen Praxis vielfach ihren Zweck nicht erfüllen: Sie werden oft nicht rechtzeitig gefunden, sind zu allgemein, unscharf oder widersprüchlich formuliert, als dass daraus konkrete Handlungen abgeleitet werden könnten (vgl. Aebi-Müller, 2018, und Brügger et al., 2021).
Das Angebot an Patientenverfügungen ist sehr vielfältig und die Formulare unterscheiden sich hinsichtlich Umfang und Inhalt. Dazu ist in den letzten Jahren ein breites Angebot von Dienstleistungen rund um Patientenverfügungen entstanden (vgl. Curaviva 2021). Für Menschen ohne hohe Gesundheitskompetenz – dies betrifft rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung (vgl. De Gani et al., 2021) – ist es eine Herausforderung, sich in diesem unübersichtlichen Feld zurechtzufinden.
Aufgrund der grossen Heterogenität und unübersichtlichen Strukturen ist davon auszugehen, dass viele Menschen zwar gesundheitlich vorausplanen wollen, aber dies nicht so umsetzen können, dass Fachpersonen in einer akuten Situation konkrete Handlungen daraus ableiten können. Es braucht deshalb Massnahmen, um die GVP für alle Personen zugänglich zu machen.
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