In der Schweiz werden immer häufiger starke Schmerzmittel wie Opioide verschrieben. Schon bei Bagatellfällen. Doch Opioide können abhängig machen.
Das Kantonsspital Baden (KSB) hat mitgeteilt, dass unter der Leitung von Prof. Maria Wertli, Chefärztin Innere Medizin am KSB und Prof. Ulrike Held von der Universität Zürich Forschende der ETH Zürich und der Krankenversicherung Helsana ein Modell entwickelt haben, mit dem das Risiko für eine chronische Opioideinnahme und -abhängigkeit vorausgesagt werden kann.
Unser Prognosemodell erlaubt es, gezielt bei Personen mit erhöhtem Risiko präventive Massnahmen einzuleiten oder diese anzubieten.
Maria Wertli, Chefärztin Innere Medizin am KSB und Professorin der Universität Bern
Schweizer Ärzt:innen verschreiben bereits bei geringfügigen Verletzungen des Bewegungsapparates – und nicht nur bei Tumorschmerzen – immer häufiger Opioide: So gab es zwischen 2008 und 2018 bei den leichten (+91,4 Prozent) und bei den schweren (+88,3 Prozent) Verletzungen eine deutliche Zunahme. Das ist insofern bedenklich, als Opioide bei muskuloskelettalen Schmerzen nicht wirksamer sind als andere Schmerzmittel, jedoch oft unerwünschte Nebenwirkungen nach sich ziehen. Diese reichen von kognitiven Beeinträchtigungen über Übelkeit und Schmerzüberempfindlichkeit bis hin zur Gefahr der Opioidabhängigkeit.
Genau hier setzen die Forschenden unter der Leitung von Prof. Maria Wertli und Prof. Ulrike Held an. Das Ziel: Die Verabreichung von Opioiden rechtzeitig einzuschränken oder zu beenden. Dafür haben sie ein Prognosemodell entwickelt, um Personen mit einem erhöhten Risiko zu identifizieren.
«Aufgrund unserer Studie können wir anhand von verschiedenen Faktoren bereits bei der ersten Verschreibung von Opioiden die Wahrscheinlichkeit berechnen, ob diese Schmerzmittel langfristig eingenommen werden», sagt Maria Wertli, die zugleich Professorin der Universität Bern ist: «Unser Prognosemodell erlaubt es, gezielt bei Personen mit erhöhtem Risiko präventive Massnahmen einzuleiten oder diese anzubieten.»
Grundlage der Studie waren Daten der Krankenversicherung Helsana. 418 564 Patient:innen, die Opioide erhalten hatten, wurden berücksichtigt. Das Hauptaugenmerk der Forschenden lag dabei auf Faktoren, die für die Wahrscheinlichkeit, dass Opioide über einen langen Zeitraum eingenommen werden, verantwortlich sind. Zu diesen zählen u. a. das Geschlecht der Patient:innen, die Startdosierung, das Schmerzmittel an sich, etwaige Mehrfacherkrankungen sowie eine vorangegangene Opioid-Gabe. Mit der daraus berechneten Wahrscheinlichkeit über das erhöhte Risiko für eine Opioid-Abhängigkeit können nun alternative Massnahmen für diese Patienten ergriffen werden.
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