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6. Juni 2023

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Swiss Nurse Leaders (SNL)

Pflegefachmangel wie weiter? Ansätze aus dem Tessin

Ein Bericht der OdaA Santé zeigt auf, dass bis 2030 in der Schweiz zusätzlich 65 000 Pflegefachpersonen nötig sind. Die Pflegedirektion des Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) zeigt Lösungsansätze auf.

Gemäss dem Versorgungsbericht von OdASanté1 und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) werden bis 2030 schweizweit zusätzlich 65 000 qualifizierte Pflegende (Pflegefachpersonen und FaGe) benötigt. Eine weitere Hiobsbotschaft aus dem Bericht, die zu denken gibt: 40 Prozent des Fachpersonals kündigt frühzeitig und 30 Prozent davon tun dies vor beendeten 35 Lebensjahren.

Tessin: Es fehlen bis 2023 zusätzliche 2700 Pflegefachpersonen

Aufgrund der vorliegenden Problematik haben Politik wie auch verschiedene Institutionen Massnahmen in die Wege geleitet. Im Tessin benötigen wir gemäss dem kantonalen PROSAN-Aktionsplan bis 2030 zusätzliche 2700 Pflegefachpersonen zu denen die schon jährlich ausgebildet werden. Der Grossrat hat 2022 den PROSAN-Aktionsplan genehmigt, der die Ausbildung im Kanton wohnender Personen fördern will mit attraktiverer Ausbildung, besserem Lohn während der Ausbildung und einer höheren Anzahl an Ausbildungsplätzen.

Verbesserte Arbeitsbedingungen dank Gesamtarbeitsvertrag

Auf Ebene der Institutionen hat das Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) im Tessin 2021 den Gesamtarbeitsvertrag aktualisiert. Damit hat das Spital die Arbeitsbedingungen verbessert. Aufgrund der Entwicklung der Personalsituation wird der Tournover des Personals regelmässig erhoben. Im Jahr 2022 hat das Spital trotz allen Bemühungen einen klaren Anstieg der Kündigungen registriert. Diese Tatsache hat die Pflegedirektion des EOC angeregt, über Massnahmen zu einer besseren Bindung an den Beruf und an die Institution zu diskutieren. Es handelt sich hier um Massnahmen, die neben den vertraglichen Verbesserungen in die Wege geleitet werden können.2

Nachfolgend sind die wichtigsten Projekte aufgelistet, die am EOC zurzeit entwickelt werden:

  • Ein Professional Practice Model, das die Arbeitsprinzipien der Pflegenden am jeweiligen Spital bestimmt. Die Mitarbeitenden tragen dazu bei, indem sie festhalten, was sie benötigen um erfolgreich arbeiten zu können und wie die Arbeitsumgebung aussehen sollte. 65 Prozent der Pflegenden (1312 von 2015 Pflegende) haben sich an der Umfrage beteiligt.
  • Attraktive Laufbahnmodelle, die regelmässig weiter­entwickelt werden.
  • Aus- und Weiterbildung: Neue Modelle zur Verfügung stellen, welche die Ausbildung und somit den Beruf attraktiv gestalten und die Mitarbeitenden in der Weiterentwicklung fördern.
  • Festlegen, welcher Führungsstil und welcher Ansatz im Leadership aktuell angebracht sind. Das Kader entsprechend ausbilden und coachen.
  • Personalpools müssen unter Berücksichtigung der Anliegen der Mitarbeitenden ins Auge gefasst werden. So kann bei Schichtbetrieb die Planung mitbestimmt werden, wodurch die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben besser unterstützt werden kann.

Diese Projekte sind für uns Herausforderung und Inspiration zugleich, um bestehende Herausforderungen rechtzeitig positiv anzugehen.

Annette Biegger
Pflegedirektorin und Geschäftsleitungsmitglied, Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) und Vorstandsmitglied Swiss Nurse Leaders,
annette.Biegger@eoc.ch

1Merçay C., Grünig A., Dolder P., 2021, Gesundheitspersonal in der Schweiz – Nationaler Versorgungsbericht 2021, OBSAN Bericht

2A. Biegger, S. De Geest, M. Schubert, D. Ausserhofer. The ‘magnetic forces’ of Swiss acute care hospitals: A secondary data analysis on nurses’ job satisfaction and their intention to leave their current job. Nursing Plus Open2 (2016)15-20

Beitragsbild: H+

   

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