Spitalbauprojekte sind häufig im negativen Fokus: Kostensteigerungen, Verzögerungen, Projektabbruch. Die aktuelle wirtschaftliche Lage, das Marktumfeld und die Teuerungen verstärken dies noch zusätzlich.
Trotzdem müssen Spitäler und Kliniken neben dem reinen Ersatz von alten Gebäuden auch die langfristige Grundlage legen für die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit, die Entwicklung der Medizin und ihre Attraktivität für die Patient:innen und das Personal.
Es gibt keine definitive, vollständige und richtige Bestellung für Spitalbauten. Der Masterplan für die Infrastrukturentwicklung des Inselareals, die Angebotsstrategie und neue Betriebsprozesse waren 2014 die Grundlage des Planungsstarts für das Anna-Seiler-Haus.
Entscheidend war dabei, phasengerechte Grundkonzepte zu erstellen und die Details möglichst spät zu planen – denn die Welt verändert sich! Noch unklare Bereiche im Umfang von 7000 m2 haben die Verantwortlichen in der Planung als strategische Freiflächen konsequent zurückgestellt. Durch die gestaffelte Bestellung konnte das Team während des Projekts zeitgerecht auf aktuelle Entwicklungen reagieren: zusätzliche Ambulatorien, Bettenstation für Zusatzversicherte, Hybrid-OP usw.
In einem Spitalgebäude muss die Gestaltung und Architektur sowohl die Medizin, die Prozesse als auch das Wohlbefinden aller unterstützen, darf aber nicht kostentreibend auf die Erstellung und den Betrieb wirken:
Wo möglich, standardisierte das Projektteam die Infrastruktur und Ausstattung. Bei Untersuchungszimmern wich es nur bei medizinischer Notwendigkeit vom Standard ab. Supporträume werden klinikübergreifend genutzt. Die administrativen Arbeitsplätze aller Kliniken im Gebäude werden in zwei separaten Geschossen mit flexiblem Arbeitsplatzkonzept zusammengeführt.
Dadurch kann das Inselspital künftig einfacher auf Veränderungen im Angebot der Kliniken oder des Markts reagieren. Flexibilität kostet in der Erstellung. Deshalb ist fundiertes Wissen und Abwägen des Bauherrn essenziell. So kann er Fragen bzgl. zu erwartende Funktionen und Anforderungen intern beantworten. Die Machbarkeit auf diese Weise sicherzustellen hat meist nur minime Kostenauswirkungen, auf Vorinstallationen wurde im neuen Anna-Seiler-Haus meistens verzichtet.
Als erstes Spitalgebäude dieser Komplexität wurde das Anna-Seiler-Haus bereits 2014 als Minergie-P-Eco Gebäude bestellt. Die letzten Monate bestätigen, dass dies wirtschaftlich und gesellschaftlich ein wegweisender Entscheid war. Die Insel Gruppe bekommt in einer Phase der Energieknappheit ein energetisch optimiertes neues Hauptgebäude ohne Schadstoffe, mit viel Licht und einem guten Klima.
Verantwortliche von komplexen Projekten müssen in einem herausfordernden Umfeld dezidiert vorgehen:
Das Projekt neues Anna-Seiler-Haus liegt trotz der Krisen der letzten Jahre wie COVID, Lieferengpässe, Teuerungen und Ukraine-Krieg, im Kosten- und Terminrahmen. Das neue Hauptgebäude des Inselspitals im September 2023 in Betrieb zu nehmen und die neuen Prozesse zu optimieren, fordern das Unternehmen noch stark.
Das Gebäude wird danach dem Inselspital in den nächsten Jahrzehnten flexibel und wirtschaftlich zur Verfügung stehen. Für einen solchen Erfolg braucht es Engagement und Transparenz des Bauherrn und der Planer auf Augenhöhe. Es muss eine Kultur für ein gemeinsames Ziel geschaffen werden. Entscheidend ist dabei, den richtigen Personen mit den richtigen Kompetenzen im Projektteam zu vertrauen.
Beitragsbild: Viel Tageslicht für Patient:innen und Mitarbeitende (Foto: Inselspital, Pascal Gugler).