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14. Februar 2023

Background

Sicht der Kantone

Kantone fördern die Pflegeausbildung seit Jahren

Die Anstrengungen der Kantone bei der Ausbildung des Pflegepersonals müssen nach der Annahme der Pflegeinitiative verstärkt werden. Und es braucht Massnahmen zum Personalerhalt.
Competence Annette Grünig

Autorin

Annette Grünig

Projektleiterin, Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK)

annette.gruenig@gdk-cds.ch

Im November 2021 hat sich das Volk deutlich für die Pflegeinitiative ausgesprochen und damit u. a. für die Ausbildung einer genügenden Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen sowie für anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen. Wenig mehr als ein Jahr nach Annahme der Initiative ist die erste Umsetzungsetappe bereits beschlossene Sache. Bund und Kantone sollen die Ausbildung der Pflegefachpersonen während acht Jahren mit bis zu einer Milliarde Franken fördern. Die Kantone unterstützen diese Ausbildungsoffensive. Sie sind sich bewusst, dass die Ausbildungstätigkeit aufgrund der demografischen Entwicklung erhöht werden muss.

Der Pflegeberuf kann mit verantwortungsvollen, sinnstiftenden und vielseitigen Aufgaben trumpfen (Foto: Stadtspital Zürich Triemli).

Darüber hinaus fördern die Kantone die Ausbildung, indem sie sich an den Kosten für das Berufsmarketing der Gesundheitsberufe beteiligen und spezifische Massnahmen unterstützen – etwa die Förderung des Nachdiplomstudiengangs in Intensiv- und Notfallpflege oder Kampagnen zur Förderung des Quer- oder Wiedereinstiegs. Alle diese Anstrengungen zeigen Wirkung: Die Zahl der jährlichen Abschlüsse auf Tertiärstufe Pflege stieg zwischen 2012 und 2019 von rund 1800 auf knapp 3000, und auf der Sekundarstufe II von 4000 auf fast 6200 Abschlüsse. Mit Blick auf den weiter steigenden Bedarf in den kommenden Jahren müssen diese Zahlen aber noch weiter erhöht werden.

Die Kantone fördern die Ausbildung des Pflegepersonals unabhängig von der Pflegeinitiative aber bereits seit vielen Jahren. Sie verpflichten die Betriebe dazu, Ausbildungsleistungen im Bereich des nicht universitären Gesundheitspersonals zu erbringen. Für die Spitäler gibt es in nahezu allen Kantonen Ausbildungsverpflichtungen, für die Pflegeheime und die Spitex in rund zwei Dritteln der Kantone. Die Verpflichtungen haben zum Ziel, das betriebliche Ausbildungspotenzial möglichst vollständig auszuschöpfen und zu verhindern, dass einzelne Betriebe gar keinen Beitrag zur Ausbildung leisten. Einige Kantone haben die Ausbildungsverpflichtung in einem Gesetz verankert, andere in den Leistungsaufträgen mit den Gesundheitseinrichtungen. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) hat im Jahr 2015 Empfehlungen verabschiedet, die den «Preis» für die Abgeltung der betrieblichen Ausbildungsleistungen definieren.

Die Rahmenbedingungen müssen so ausgestaltet sein, dass die Attraktivität des Pflegeberufs zum Tragen kommt. Dies wird Gegenstand der zweiten Umsetzungsetappe des Verfassungsartikels Pflege sein. Es wird nicht einfach sein, in diesem Bereich national verbindliche Rahmenbestimmungen festzulegen. Die Kantone bieten Hand für die Lösungssuche.

Notwendige Massnahmen, um die Pflegenden im Beruf zu halten

Die Anstrengungen und Erfolge bei der Ausbildung verpuffen, wenn die ausgebildeten Fachleute nicht in den Arbeitsmarkt eintreten oder nach wenigen Jahren aus dem Beruf aussteigen. Es braucht deshalb auch Massnahmen zum Erhalt des Personals. Die Rahmenbedingungen müssen so ausgestaltet sein, dass die Attraktivität des Pflegeberufs zum Tragen kommt. Dies wird Gegenstand der zweiten Umsetzungsetappe des Verfassungsartikels Pflege sein. Es wird nicht einfach sein, in diesem Bereich national verbindliche Rahmenbestimmungen festzulegen. Die Kantone bieten Hand für die Lösungssuche.

Die Rolle der GDK ist es, die Kantone mit methodischen Instrumenten zu unterstützen, eine Plattform für den Austausch von Modellen unter den Kantonen zu bieten und zwischen den gesetzgeberischen Arbeiten auf Bundesebene und den Bedürfnissen der Kantone zu vermitteln.

Kluge Arbeitsmodelle und wertschätzende Führungskultur sind anzupeilen

Zusammen mit den Betrieben können und sollen die Kantone bereits jetzt Massnahmen ergreifen, um vorzeitige Berufsaustritte zu verhindern. Der Gesundheitsbereich ist aber nicht die einzige Branche, die vom Fachkräftemangel betroffen ist. Im Gesundheitsbereich muss jede Massnahme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen via Tarife mit Prämien- und Steuergeldern finanziert werden. Deshalb sollten Gesundheitsinstitutionen auch nicht-monetäre Massnahmen, wie etwa kluge Arbeitszeitmodelle oder eine wertschätzende Team- und Führungskultur, ins Auge fassen.

Der Pflegeberuf kann mit verantwortungsvollen, sinnstiftenden und vielseitigen Aufgaben trumpfen. Nach der grossen Belastung während der Pandemie geht es nun darum, die positiven Aspekte des Pflegeberufs in Erinnerung zu rufen. Erfreulich ist, dass sich weiterhin viele junge Menschen und Quereinsteiger:innen für eine Tätigkeit in der Pflege entscheiden. Das ist eine gute Basis für alle Beteiligten, die anstehenden Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.

Beitragsbild: © Zuger Kantonsspital AG