Beiträge vom Kanton und den Gemeinden an die Spitäler und Kliniken für ihre gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind unabdingbar, um die dezentrale Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Nur so kann im Kanton Graubünden die dezentrale Besiedelung aufrechterhalten werden. Beiträge für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) der Spitäler sind im Kanton Graubünden keine Subventionen, sondern Abgeltungen von erbrachten Leistungen wie beispielsweise Sozialberatung, Prävention, Spitalseelsorge, Epidemienvorsorge und bei den kleineren Spitälern insbesondere von Vorhalteleistungen. Die Beiträge an die einzelnen Spitäler sind sehr unterschiedlich. Sie sind auf die Gegebenheiten des einzelnen Spitals abgestimmt.
Die höchsten Beiträge erhalten die Bündner Spitäler für ihre Notfall-Vorhalteleistungen und für die Infrastruktur- und Betriebskosten der touristisch bedingten zusätzlichen Spitalkapazitäten. Die Aufnahmebereitschaft muss auch in einer Gesundheitsversorgungsregion mit einer geringen Bevölkerungszahl rund um die Uhr gewährleistet sein. Die Spitäler in den Tourismusregionen müssen zudem ihre Infrastruktur insbesondere auf die im Winter anfallenden Spitzenauslastungen ausrichten. Diese Aufwendungen werden durch die Fallbeiträge für stationäre Behandlungen von KVG-, IV- und militärversicherten Personen nicht abgegolten.
Ich kann da nur für den Kanton Graubünden sprechen, wobei sich die Frage stellt, was unter ineffizienten Strukturen zu verstehen ist. Kleine Spitäler mit wenig Fallzahlen und einer Aufnahmepflicht rund um die Uhr können ihre Leistungen auch bei effizienter Arbeitsweise zwangsläufig nicht nur über die Fallbeiträge finanzieren. Wichtig ist indessen, dass die Beiträge für die Vorhalteleistungen der Regionalspitäler im Kanton Graubünden nur ausgerichtet werden, um die Grundversorgung aufrechtzuerhalten und nicht für weitere Leistungsbereiche oder für den Ausgleich ungedeckter Aufwendungen infolge unwirtschaftlicher Leistungserbringung.
Vorweg erlaube ich mir folgende Ausführungen zur Thematik. Verschiedene Autoren vergleichen die GWL-Beiträge zwischen den Kantonen. Solche in den Medien publizierten Vergleiche sind wenig aussagekräftig und geben zudem ein falsches Bild über die effektiven Verhältnisse. Die Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung unterscheiden sich sowohl zwischen den Stadt- beziehungsweise Land-Kantonen als auch zwischen den grossen und den kleinen Spitälern. Grössere Spitäler erhalten Beiträge insbesondere für die Forschung und die universitäre Lehre, kleine Spitäler schwergewichtig für die Vorhalteleistungen, da sie diese nicht über die Fallbeiträge finanzieren können. Ein Vergleich der Höhe der an die einzelnen Spitäler ausgerichteten Beiträge für gemeinwirtschaftliche Beiträge ist somit ebenfalls nicht statthaft.
Anzustreben ist eine Mitbeteiligung der Krankenversicherer an der Finanzierung der GWL-Leistungen, insbesondere an den Kosten von Vorhalteleistungen.
Effizienzvergleiche zwischen den Spitälern sind ohne Einbezug der Kosten für GWL vorzunehmen. Gemäss KVG dürfen die Vergütungen für stationäre Behandlungen, die sogenannten Fallbeiträge, keine Kostenanteile für GWL enthalten. Die GWL-Beiträge sind somit für Effizienzvergleiche nicht relevant. Grundsätzlich befürwortet der Kanton Graubünden Effizienzvergleiche zwischen den Spitälern, wobei die Sinnhaftigkeit solcher Vergleiche nur gegeben ist, wenn Gleiches mit Gleichem vergleichen wird.
Ein direkter Zusammenhang besteht nicht. GWL-Beiträge und COVID-Beiträge werden unterschiedlich hergeleitet. Die Spitäler waren indessen während des vom Bundesrat verordneten Verbots von elektiven Eingriffen verpflichtet, Vorhalteleistungen zu erbringen, womit sich eine Finanzierungslücke ergeben hat, welche die Kantone zumindest teilweise ausgeglichen haben.
Die Bündner Spitäler sind nicht in der Lage, die zunehmenden Vorhalteleistungen selbst zu finanzieren. Die Notfallstationen sind in den meisten Regionalspitälern des Kantons Graubünden klein oder schlecht ausgelastet. Die daraus entstehenden Mehrkosten sind gemäss der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht OKP-pflichtig, das heisst, sie sind in den Fallbeiträgen nicht enthalten. Die Bündner Spitäler sind auch in Zukunft auf Beiträge der öffentlichen Hand für die Finanzierung ihrer Vorhalteleistungen angewiesen.
Beiträge für Vorhalteleistungen sind Teil der Beiträge für gemeinwirtschaftliche Leistungen der Spitäler und werden entsprechend ausgewiesen.
Aktuell geht der politische Wille dahin, dass gemeinwirtschaftliche Leistungen der Spitäler durch die Steuerzahlenden und nicht durch die Prämienzahlenden zu finanzieren sind. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen bilden entsprechend nicht Teil der Regelung der Spitalfinanzierung im KVG. Anzustreben ist eine Mitbeteiligung der Krankenversicherer an der Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, insbesondere an den Kosten von Vorhalteleistungen, die ja im Interesse der Versicherten entstehen.
Der Bundesrat sollte die Bestimmungen über die Tarifgestaltung in der Verordnung zur Krankenversicherung anpassen, sofern diese die Wirtschaftlichkeit betreffen. Der Verwaltungsrat der SwissDRG AG räumt in seinen Feststellungen betreffend die Abbildung von Kostenunterschieden durch die SwissDRG-Tarifstruktur selbst ein, dass sich verschiedene Kostenunterschiede bei OKP-Pflichtleistungen nicht durch die Tarifstruktur SwissDRG erklären lassen, so beispielsweise regionale Unterschiede der Lohn- und Lohnnebenkosten und die Vorhalteleistungen für die Notfallversorgung. Entsprechend sollten der Bundesrat, der Preisüberwacher und das Bundesverwaltungsgericht bei der Ermittlung beziehungsweise Festlegung und Anwendung des massgebenden Effizienzmassstabs die Gegebenheiten und Rahmenbedingungen in den einzelnen Kantonen und Regionen berücksichtigen.
Beitragsbild: Gesundheitszentrum Val Müstair