Fehler im Gesundheitswesen widerfahren zwar häufig einzelnen Personen, sie werden aber fast immer multifaktoriell verursacht bzw. begünstigt und sind im System angelegt. Im Jahr 2019 erschien der nationale Bericht «Verbesserung der Qualität und Patientensicherheit des Schweizerischen Gesundheitswesens». Demzufolge könnte fast die Hälfte der im Spital erfolgten behandlungsbedingten Schädigungen von Patient:innen mit einem guten Versorgungsstandard verhindert werden.
Patientensicherheit entsteht durch Wechselwirkungen zwischen Systemkomponenten; sie ruht nicht in einer Person, einem Apparat oder einer Abteilung, sondern ist eine interprofessionell getragene Aufgabe aller Beteiligten.
Das Konzept stärkt das Bewusstsein für die Relevanz vermeidbarer Patientenschädigungen und liefert einen Handlungsrahmen, innerhalb dessen Gefährdungen erkannt, priorisiert, analysiert und systematisch vermieden werden können.
Daher beschloss die Geschäftsleitung des SPZ im Jahr 2020, die bis dahin etablierten Vorgehensweisen zur Steigerung der Patientensicherheit zu analysieren, konzeptionell aufzuarbeiten, bei Bedarf zu ergänzen und systematischer als zuvor im Klinikalltag zu implementieren. Als Managementbekenntnis wurde festgelegt, dass Patient:innen im SPZ auf ein vorbildliches System zur Prävention vermeidbarer Zwischenfälle und auf einen konstruktiven Umgang mit Fehlern vertrauen können.
Ende 2022 etablierte das SPZ einen Patientensicherheitskurs. Adressat:innen des interprofessionell ausgerichteten Kurses sind alle neu in das SPZ eintretenden Personen, die patientennah arbeiten. Dazu gehören Berufsgruppen wie Pflegende, Ärzt:innen, Physio- und Ergotherapeut:innen, aber auch weitere Mitarbeitende u. a. aus der Sozialberatung, total rund 200 Personen pro Jahr. Bestehende Mitarbeitende werden sukzessive nachgezogen, wobei Kader speziell in ihrer Vorbildfunktion adressiert werden, um die Bedeutung von Führung für die Sicherheitskultur zu unterstreichen. Das SPZ will so innert rund vier Jahren die gesamte Belegschaft im Bereich der Patientensicherheit schulen.
Der Kurs hat zum Ziel, dass die Teilnehmenden Problemfelder der Patientensicherheit im Spital beschreiben und sicherheitsrelevante Situationen erkennen können. Sie sollen fehlerbegünstigende Faktoren verstehen und in der Lage sein, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Patientensicherheit erhöht werden kann. Im Kurs lernen die Teilnehmenden, den Fokus auf die Analyse und Beseitigung der Ursachen zu legen und spezifische Instrumente zu nutzen, um Fehler zu reduzieren und die Patientensicherheit zu verbessern.
Der Kurs basiert auf dem Blended-Learning-Ansatz und besteht aus einem rund einstündigen E-Learning-Teil, der mittels Fachpublikationen die Situation der Patientensicherheit aufzeigt. Anhand von Videobeispielen zeigt dieser Kursteil auf, wie auch schwere Zwischenfälle vermeidbar wären.
Im Präsenzteil setzen sich die Teilnehmenden mit dem eigenen Verständnis von Sicherheit im Spital auseinander. Anhand eigener, realer, anonymisierter Beispiele erarbeiten sie gemeinsam Lösungsansätze, um Zwischenfälle und Fehler zu vermeiden. Dabei nutzen sie die zuvor kennengelernten Instrumente. In der Folge verbalisieren die Kursteilnehmenden ihren persönlichen Beitrag, um die Sicherheitskultur im SPZ zu verbessern. Ein gemeinsamer Gang durch einen Room of Horrors, ein mit Fehlern und Risikofaktoren präpariertes Patientenzimmer, steigert zusätzlich das Problembewusstsein und rundet den Kurs ab.
Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) im luzernischen Nottwil ist eine private, national und international anerkannte Spezialklinik für Querschnitt-, Rücken- und Beatmungsmedizin; Akut, Reha und lebenslang. Im SPZ stehen 204 Betten zur Verfügung. Das SPZ wurde 1990 von Dr. med. Guido A. Zäch eröffnet und beschäftigt heute rund 1500 Personen. Die Spezialklinik gehört zur Schweizer Paraplegiker-Gruppe, die ein integrales Netzwerk zur ganzheitlichen Rehabilitation von Querschnittgelähmten umfasst. Träger des Netzwerks ist die Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Mehr Infos gibt es unter www.paraplegie.ch.
SIRMED ist eine Bildungsinstitution mit dem Schwerpunkt Notfall- und Rettungsmedizin sowie Patientensicherheit. SIRMED ist eine Tochtergesellschaft der Schweizer Paraplegiker-Stiftung und der Rega.
Quellen
Beitragsbild: Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) am Sempachersee (Foto: SPZ)