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15. August 2023

BACKGROUND

Projekt Dialog Pflege Inselspital Bern

Gemeinsam in die Zukunft

Die Versorgungssicherheit gewährleisten und gleichzeitig die Arbeitsumgebung anhand der Bedürfnisse der Pflege optimieren: Dies erfordert eine konsequent dyadische Betrachtung aus der Perspektive der Pflege.
Competence Paula Adomeit

Autorin

Dr.

Paula Adomeit

Direktorin Pflege, Direktorin Pflege Insel Gruppe AG

paula.adomeit@insel.ch

Competence Mirjam Meier

Autorin

Dr.

Mirjam Meier

Bereichsleiterin Pflegemanagement, Direktorin Pflege Inselgruppe AG

mirjam.meier@insel.ch

«Mir fehlt einfach die Zeit für das, wofür ich eigentlich die Ausbildung gemacht habe. Ich möchte meinen Patient:innen die Pflege geben, die sie benötigen.» Diese und zahlreiche weitere Aussagen haben Pflegefachpersonen im Rahmen des Projekts Dialog Insel Pflege genannt. Die Aussagen widerspiegeln die konkreten Bedürfnisse und Anliegen der Pflegeteams. Das Projekt Dialog Insel Pflege wurde im Herbst 2022 von der Direktion Pflege während drei Monaten in über 70 stationären Pflegeteams der Insel Gruppe durchgeführt. Mehr als 1200 Pflegefachpersonen aus allen Fachdisziplinen und Versorgungsbereichen waren eingeladen, in einem dialogischen Prozess zu erläutern, welche Faktoren ihre aktuell erlebte Arbeitssituation massgeblich beeinflussen.

Neuorganisation Pflege am Inselspital Bern: Im Zentrum stehen Mitarbeitende und Patient:innen (Bild: zvg/Insel Gruppe).

Patient:innen und Arbeitsumgebung

Die Ergebnisse sind beeindruckend. Einerseits hinsichtlich Vielschichtigkeit und Komplexität der heutigen Situation der Pflege im Spitalbetrieb, andererseits hinsichtlich der Bedeutung der Teamarbeit und dem Einfluss von Führung, Fach und Bildung auf die Gestaltung der Arbeitsumgebung. Aus der Perspektive der Pflege hat sich aufgrund der Ergebnisse das Bild einer integralen und nicht voneinander zu separierenden Dyade herausgeschält. Für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit steht die Orientierung an den Patient:innen und ihren Bedürfnissen im Zentrum.

Die Bedürfnisse der Patient:innen, aber auch der Mitarbeitenden sind gleichermassen wichtig.

Gleichzeitig und nicht weniger von Bedeutung sind die Bedürfnisse der Mitarbeitenden bezüglich der Gestaltung einer motivierenden, flexiblen und gesundheitsförderlichen Arbeitsumgebung, die wiederum eine hochstehende Versorgung der Patient:innen erst ermöglicht. Diese beiden «Puzzle»-Teile sind gleichbedeutend. Gerade im Hinblick auf Zukunftsprojekte wie die Inbetriebnahme eines neuen Spitalgebäudes sind alle Aktivitäten und Massnahmen konsequent auf diese beiden Bedürfnisse auszurichten. Wie gelingt es uns in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels, und auf das Wesentliche, die Dyade aus Sicht der Pflege, zu konzentrieren und gleichzeitig grosse Projekte umzusetzen?

Insel: Neuorganisation der Pflege

Mit der Inbetriebnahme des neuen Hauptgebäudes der Insel Gruppe (siehe Beitrag Swiss Nurse Leaders Competence-Ausgabe 2/23) geht gleichzeitig eine umfassende Neuorganisation der gesamten Pflege einher. Mitarbeitende der Insel Pflege arbeiten ab September nach einem neuen Organisationssystem. Dabei versorgen Pflegefachpersonen in kompakten und eingespielten Teams fachspezifisch und fachübergreifend Patient:innen gemäss klar definierten Kompetenzen für jede einzelne Funktion im Pflegeteam. Jeder Fachdisziplin stehen mehrere Teams zur Verfügung, geführt von Teamleiter:innen. Die Abteilungsleitenden organisieren die Teams innerhalb einer Abteilung. Die Leitende eines Medizinbereichs ist übergeordnet für alle stationären und ambulanten Abteilungen sowie deren Teams verantwortlich. Wichtigster Punkt der neuen Organisation ist der Fokus auf die Grösse der Teams, die für die Führungsperson eine mitarbeiterorientierte Führungsspanne ermöglicht. Pflegeexpert:innen und Bildungsverantwortliche unterstützen im Verständnis des Shared Governance die Führungspersonen und die Teams in der täglichen Abteilungsarbeit¹.

In der neuen Organisation ist der Fokus auf eine mitarbeiterorientierte Führungsspanne wichtig.

Die Insel Pflege setzt bei der Neuorganisation auf eine auf Professionalität basierende gemeinsame Entscheidungsfindung, die eine evidenzbasierte Versorgung und Qualitätsentwicklung erst ermöglicht. Die Zusammenarbeit von Führung, Fach und Bildung ist strukturell auf allen Ebenen in die Organisation eingebettet und stärkt die Pflegeteams. Die Direktion Pflege begleitet die Umsetzung von Shared Governance mit einer Evaluationsstudie in Zusammenarbeit mit dem Departement Gesundheit der Berner Fachhochschule. Die Neuorganisation zu grösseren Teams mit diversen Fachschwerpunkten ermöglicht, dass gemeinsam ein umfassendes, im Klinikalltag schnell verfügbares Fach- und Erfahrungswissen genutzt werden kann. Gleichzeitig wird ein für Studierende und Lernende attraktives Lernumfeld geschaffen. Denn eine zukunftsgerichtete Gestaltung der Arbeitsumgebung für die Pflege mit ihren Bedürfnissen ist massgeblich für die Versorgungssicherheit der Patient:innen.

1Porter-O’Grady, Tim EdD, RN, FAAN. Is Shared Governance Still Relevant? ONA: The Journal of Nursing Administration 31(10): p 468-473, October 2001.

Beitragsbild: XXXX