Das Universitätsklinikum Mannheim forderte am Landgericht 15 Millionen Euro von ihrem Ex-Geschäftsführer. Dieser hatte einen Hygieneskandal aufgrund von Verstössen gegen das Medizinproduktegesetz zu verantworten. Der Bundesgerichtshof bestätigte die zweijährige Bewährungsstrafe plus Geldauflage.¹
Die gesetzlichen Grundlagen für einen solchen Fall sind mit der Haftung der Geschäftsführung gemäss Art. 754 ff. OR «Aktienrechtliche Verantwortung» in der Schweiz vorhanden und haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Generell werden Gesetze, Regulatorien und die Compliance für Unternehmen immer anspruchsvoller umzusetzen. Aktuell sehr relevant für Spitäler und Kliniken ist das per 1. September 2023 neu gültige Datenschutzgesetz (DSG). Dieses sieht Bussen von bis zu 250 000 Franken vor, die den Verantwortlichen auferlegt werden können und die sich nicht auf die Unternehmen abwälzen lassen. Solche Veränderungen erschweren es der Geschäftsleitung und den Mitgliedern des Verwaltungs- oder Stiftungsrates von Spitälern und Kliniken, ihre Funktionen adäquat auszufüllen.
Daher ist es für sie umso wichtiger, die Business Judgement Rules, d. h. den unternehmerischen Entscheidungsspielraum, der nicht gerichtlich überprüfbar ist, einzuhalten. Entscheide sind sorgfältig vorzubereiten und Fakten müssen dokumentiert sein.
Fälle wie in Mannheim sind auch in der Schweiz möglich, finden vermehrt Beachtung und werden juristisch geprüft. Die Gangart wird ebenfalls härter – noch ist sie aber nicht mit jener in Deutschland vergleichbar.
Auf dem Versicherungsmarkt steigt die Nachfrage nach Produkten der Organhaftpflichtversicherung (Directors-and-Officers-Versicherung D&O). Der Markt erholt sich gerade von einer vierjährigen Verhärtung, hauptsächlich wegen sehr hoher Schadenbelastungen im Ausland in Fällen wie Daimler, VW, Wirecard, Boeing etc. Die Prämien haben sich vervielfacht und die Versicherungskapazitäten stark reduziert, Anbietende haben sich aus dem Markt zurückgezogen und andere haben die Deckungen eingeschränkt.
Zudem hat die Zahl der Konkurse kleiner Unternehmen zugenommen, nachdem die Kreditvergabe des Bundes im Zusammenhang mit COVID-19 ausgelaufen ist. Es ist daher vermehrt mit Schadenfällen aus Rechtsstreitigkeiten zu rechnen. Auch wird es mehr Untersuchungen und Verfahren von Aufsichtsbehörden gegen Unternehmen und Organe geben, was meist zu Rechtskosten führt. Die grossen D&O-Schadenfälle in der Schweiz sind jedoch überschaubar.
Dies hat den Bedarf stark erhöht, D&O-Versicherungen abzuschliessen – auch seitens Spitälern und Kliniken. 20 Versicherer bieten D&O bei finanziell stabilen Unternehmen bereits für einige 1000 Franken Prämien an. Je nach Organisationsform eines Spitals bewerten die Versicherungen das D&O-Risiko unterschiedlich. Dazu prüfen sie Fragebogen, diverse Kennzahlen, insbesondere zur Spitalfinanzierung, zu Schadensverläufen, zum Spital und den Verantwortlichen. Erst dann unterbreiten sie ein Angebot.
Den Deckungsumfang einer D&O-Versicherung sollte ein Experte, eine Expertin in allen Details prüfen, um im Schadenfall Überraschungen zu vermeiden. Die Bedingungen der Versicherungen sind voll von Definitionen, Ausschlüssen, Deckungseinschränkungen und Obliegenheiten bzw. Pflichten seitens der Versicherungsnehmenden.
Die D&O soll einen weitgehenden Deckungsschutz gewähren für Haftpflichtansprüche gegen sämtliche Organe des Unternehmens aus Schadensersatz sowie Vergleichszahlungen. Auch soll sie Kosten, die für die Abwehr eines (ungerechtfertigten) Anspruchs anfallen und Rechtskosten bei Untersuchungsverfahren sowie Steuerschulden oder Sozialversicherungsabgaben bei einem Unternehmenskonkurs übernehmen. Neben diesem Schutz des Privatvermögens besteht ebenfalls Deckung für das Unternehmen in dem Umfang, wie es die Organperson schadlos hält.
Der Versicherungsschutz gilt generell weltweit. Geschützt sind gemäss dem Anspruchserhebungsprinzip alle gegenwärtigen, ehemaligen sowie zukünftigen Organe, sofern gegen diese ein Anspruch während des Versicherungszeitraums geltend gemacht wird. Vorsätzliche Handlungen, bei erstmaligem Vertragsbeginn bereits bekannte Tatsachen oder Umstände sowie Personen- oder Sachschäden sind in den Bedingungen generell ausgeschlossen.
1Uniklinik Mannheim will Millionen-Schadenersatz von Ex-Manager, Spiegel Panorama, 12.1.2023, www.spiegel.de/panorama
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