Die vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Verordnungsänderung sieht die Festlegung präziser Ziele bezüglich Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vor. Diese Kostenziele werden nach vorgängiger Anhörung der Versicherer, der Versicherten, der Kantone und der Leistungserbringer jeweils für vier Jahre vom Bundesrat festgelegt.
Diese und die bereits bestehenden Qualitätsziele sollen parallel weiterentwickelt werden und werden für alle Leistungen sowie nach Kostengruppen – Spitäler (Aufenthalte), Spitäler (ambulant), Ärzt:innen (ambulant), Arzneimittel und Pflegeleistungen – festgelegt.
Der Vorschlag der Mitte greift aus Sicht von H+ zu kurz: Um das Wachstum der Gesundheitskosten zu bremsen, können diese nicht allein an die Entwicklung der Gesamtwirtschaft und an den Lohnindex gekoppelt werden – diese Meinung teilt H+ mit dem Bundesrat. Doch auch der Gegenvorschlag ist aus Sicht von H+ der falsche Weg. Er würde die Abkehr vom regulierten Wettbewerb und die Einführung einer beim Bund zentralisierten, planwirtschaftlichen und rein kostenbasierten Steuerung des Gesundheitswesens bedeuten.
Kostenziele sind kein geeignetes Instrument, um medizinisch begründete von unbegründeten Leistungen zu unterscheiden. Es ist eher anzunehmen, dass wenig nützliche, aber gut tarifierte Leistungen gefördert würden.
Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von H+
Ein derart tiefgreifender Systemwechsel gefährdet die qualitativ hochstehende und innovative Gesundheitsversorgung in der Schweiz, weil Kostenziele kein geeignetes Instrument sind, um medizinisch begründete von unbegründeten Leistungen zu unterscheiden. Es ist eher anzunehmen, dass wenig nützliche, aber gut tarifierte Leistungen gefördert würden. Umgekehrt würden komplexe, schlecht oder gar nicht tarifierte Fälle im Zweifelsfall weitergewiesen oder gar nicht behandelt.
Der Systemwechsel zu Kostenzielen ginge zudem mit einer politischen Steuerung der Finanzierung einher. In einem solchen System würde sich der Wettbewerb nicht mehr um die Erbringung von qualitativ hochwertigen Leistungen zu einem sachgerechten Preis drehen, sondern um die Gunst der Politik.
Der Gegenvorschlag zur «Kostenbremse-Initiative» würde mit dieser politischen Steuerung der Geldflüsse Verteilkämpfe verursachen auf den Ebenen des Bundes – indem Leistungen Kostenblöcken zugeteilt würden – und der Kantone, indem Kostenziele pro Kostenblock festgelegt würden.
Es ist davon auszugehen, dass diese Verteilkämpfe langfristig die Fragmentierung des Gesundheitswesens weiter verstärken und damit Bestrebungen nach regionaler Planung und integrierter sektorenübergreifender Versorgung zu Nichte machen würden. Statt die Silos des Gesundheitswesens aufzubrechen, würden sie zementiert.
Als Alternative zu diesen Vorlagen setzt sich H+ für einen kostendämpfenden, qualitätsfördernden Strukturwandel im Gesundheitswesen ein. Zielführend ist dabei, mit geeigneten Qualitätsinstrumenten Anreize zu setzen, um unbegründete Leistungen zu vermeiden, die damit verbundene Mengenausweitung zu begrenzen und die Wirtschaftlichkeit zu fördern. Outcome-Indikatoren breit auszuwerten und zu bewerten, Diagnose- und Indikationsqualität festzulegen und zu messen sowie Prozessmanagement sind geeignete Massnahmen.
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