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23. November 2021

Background

Schliessung eines Spitalstandorts

Begleitete berufliche Neuorientierung für Klinikpersonal – ein Einblick

Fürsorge und Verantwortungsbewusstsein aber auch eine gute Planung sind Erfolgsfaktoren im New Placement-Prozess. Hierfür gibt es bewährte Vorgehen und Empfehlungen.
Competence Regula Mäder Steiner

Autorin

Regula Mäder Steiner

Inhaberin und Geschäftsführerin, Mäder & Partner AG New Placement

regula.maeder@maederundpartner.ch

Die Mitarbeitenden aufzufangen, wenn Personalabbau bzw. eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kommuniziert wird, ist ein erster bedeutender Schritt im New- Placement-Prozess. Mit einem persönlichen Auffanggespräch im geschützten Rahmen zwischen den Mitarbeitenden und einem Coach ist bereits viel zu leisten: Mit Sachverstand und v. a. Empathie hört der Coach zu. Er hört zu, informiert und gibt erste Perspektiven für die weitere berufliche Zukunft. Die Mitarbeitenden wissen, dass die Coaches in dieser herausfordernden Situation für sie da sind.

Am dreistündigen Workshop im See-Spital Kilchberg zum Thema Standortbestimmung
und Suchkanäle nehmen Angehörige aller Berufsprofile teil, die es im Spital gibt.
(Foto und Beitragsbild: Nicole Renggli)

Individuelles Betreuungsprogramm

Hoffnung und Orientierung gibt in der Folge ein individuelles Betreuungsprogramm. Worauf es hierbei ankommt, wird u. a. in interaktiven Workshops vermittelt: vom Aufbau eines zeitgemässen Lebenslaufes, über Bewerbungskanäle, effektives Netzwerken bis zum Vorbereiten und Meistern eines Bewerbungsgespräches. Das ist aber nur die halbe Miete. In Einzelcoachings navigieren Beratende die Kundinnen und Kunden durch die einzelnen Schritte. Ein kundenorientiertes Vorgehen ist unabdingbar, weil die Themen und das Gesamtbild von Person zu Person variieren. Die Bandbreite an Berufen in einem Spital erfordert zusätzlich ein flexibles Vorgehen: Ist ein längerer Arbeitsweg machbar, sind eine Lohneinbusse bzw. ein Branchenwechsel Optionen? Wie steht es um die Gesundheit, Sprach- und Computerkenntnisse, die Zukunfts- und Fortbildungswünsche, privat wie beruflich? Welche Sorgen und Vorbehalte hat die Person? Hier bauen die Coaches eine konstruktive Arbeitsbeziehung auf, unterstützen gezielt und arbeiten gemeinsam Handlungsschritte aus.

Zusammenarbeit von Spital und New Placement-Anbieter

Das alles geht nur mit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen New Placement-Anbieter und dem Spital bereits lange vor der Kommunikation des Personalabbaus. Das Spital kann vom spezialisierten Know-how in den Bereichen Projektmanagement bei Stellenabbau und (Bereichs-)­­Schliessungen profitieren und Fehler vermeiden, im Gegenzug fliesst die grosse Bandbreite an inhaltlichem und Prozesswissen des Spitals in das Projektmanagement ein. Die verschiedenen Stakeholder können so optimal abgeholt, involviert und motiviert werden. Ein Beispiel hierfür ist das Ausarbeiten eines zielgruppengerechten Sozialplans.

Der Sozialplan

Der Sozialplan gibt den Betroffenen Sicherheit, dass sie in dieser schwierigen Phase nicht im Stich gelassen werden und dass der Arbeitgeber seine soziale Verantwortung wahrnimmt. Die Beteiligten handeln den Sozialplan partnerschaftlich aus. Er legt bei personellem Abbau einen verbindlichen schriftlichen Rahmen für alle involvierten Parteien fest. Die Vertragsparteien wie Spitalleitung, Mitarbeiterkommission und möglicherweise externe Sozialpartner un­ter­zeichnen ihn. Im Normalfall hat er ausserdem ein Gültigkeitsdatum.

Schrittweises und engagiertes Vorgehen Die Mitarbeitenden spüren, wenn das Spital und die Anbieter von New Placement die Extrameile gehen. In der Praxis ist das gelebte Kundenorientierung mit offenem Ohr, guter Erreichbarkeit und Bereitschaft, agil vorzugehen. Der Weg in eine Neuorientierung und der Wegfall von Arbeitskräften im Spitalbetrieb sind nicht einfach, aber Schritt für Schritt und gut geplant machbar.

Schliessung eines Spitalstandorts – das Kleingedruckte

Die Schwierigkeit bei der Schliessung des See-Spitals Standort Kilchberg ist, dass die Betriebe des Akutbereichs bis Ende 2022 und des Alters- und Pflegeheims sowie der Rehaklinik bis Ende 2025 aufrechterhalten werden müssen.

Viele loyale Mitarbeitende

Wohl wissend, dass es für die Pflegenden einfach sein wird, eine andere Stelle zu finden und es im Gegenzug für uns schwierig sein wird, neues Personal zu rekrutieren, gestalteten wir die Mitarbeitendeninformation sowie die Gespräche und Informationen für die kommenden Monate so sozial verträglich wie möglich. Diese Planung haben wir mit viel Fingerspitzengefühl angepackt. Unser Ziel ist es, dass wir den Standort Kilchberg bis Ende 2022 aufrechterhalten können und nicht infolge Personalmangel vorzeitig schliessen müssen. Bei der Planung der Gespräche wurde uns immer klarer, dass wir an diesem Standort sehr viele Mitarbeitende beschäftigen, welche schon 20 Jahre oder noch länger für uns tätig gewesen und teilweise direkt aus dem Ausland in die Schweiz gekommen sind. Teilweise fanden die Mitarbeitenden bei uns ihren Ehepartner, der Betrieb wurde weiteren Familienangehörigen empfohlen und einige bezogen eine Personalwohnung und gründeten auf dem Spitalkampus ihre Familien.

Gemeinsam den Spitalschlüssel drehen

Bereits während der Information bezüglich der anstehenden Schliessung gab es Abteilungen, die den Saal gemeinsam als Team verliessen. Die Verbundenheit in den Teams war deutlich spürbar.

In den ersten Juli-Wochen 2021 führten wir Informationsgespräche in Kleingruppen durch in der Hoffnung, dass die einzelnen Mitarbeitenden sich gegenseitig stützen. Im Anschluss daran führte eine Newplacement-Firma Auffanggespräche. An den Gesprächen betonten die Mitarbeitenden immer wieder, dass sie den Standort nur wechseln wollen, wenn sie als Team zusammenbleiben können. Viele der rund 200 Mitarbeitenden betonten, dass sie bis zum bitteren Ende bleiben möchten, was uns als Arbeitgeber ehrt. Einige Mitarbeitende sind von Anfang an dabei und äusserten den Wunsch, dass sie bis Ende 2022 bzw. Ende 2025 bleiben und als Einheit die Tür zum Spital schliessen möchten.

«Viele Mitarbeitende äusserten den Wunsch,
nur als Team den Standort zu wechseln.»

Wir wünschen allen nur das Beste

Wir fühlen mit den Mitarbeitenden und sind dankbar für ihre Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber. Gleichzeitig wünschen wir uns, dass sie die Chance packen und sich neuorientieren. Wir wünschen uns, dass jede bzw. jeder eine neue und tolle Herausforderung an unserem anderen Standort Horgen oder in einem anderen Betrieb finden wird.

Tanja Hintermeister, Leitung Human Resources,
See-Spital Horgen; tanja.hintermeister@see-spital.ch

   

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