Personzentrierte Arbeitskultur
Competence Readtime4 min
5. Dezember 2023

Background

Universitätsspitäler Basel (USB) und Zürich (USZ)

Arbeitsplatzkultur gemeinsam personzentriert gestalten

In einer personzentrierten Arbeitsplatzkultur gelingen Veränderungsprozesse. Die Erfahrungen der Universitätsspitäler Basel und Zürich zeigen, dass die Methodologie der Praxisentwicklung eine nachhaltige Strategie im Umgang mit aktuellen Herausforderungen sein kann.
Competence Anja Hermann

Autorin

Anja Hermann

Stv. Direktorin Pflege/MTT, Medizinische Direktion, Universitätsspital Basel (USB)

anja.hermann@usb.ch

Competence Cornel Schiess

Autor

Cornel Schiess

Leiter Qualitätsmanagement und Fach­entwicklung Pflege, Universitätsspital Zürich (USZ), Direktion Pflege und MTTB

cornel.schiess@usz.ch

Eine personzentrierte Arbeitsplatzkultur trägt dazu bei, dass eine Organisation agiler, innovativer und anpassungsfähiger als bisher wird. Diese Kultur fördert Engagement, Eigenverantwortung und Kreativität der Mitarbeitenden und schafft ein Umfeld, in dem positive Veränderungen und Entwicklung möglich sind.

Die sogenannte VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) beschreibt wichtige Herausforderungen, mit denen Mitarbeitende von Gesundheitsinstitutionen konfrontiert sind. Die Erwartung ist, dass alle Führungspersonen und Mitarbeitenden mit diesen Herausforderungen und Unsicherheiten umgehen können. Wenn sie aber die Frage «Wie kann das gelingen?» nicht gemeinsam beantworten können, nimmt die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden ab, sie brennen aus und verlassen resigniert das System.

Herausforderungen mutig begegnen

An den Universitätsspitälern Basel (USB) und Zürich (USZ) strebt die Pflege/MTTB (Medizinisch therapeutische Berufe) eine personzentrierte Praxis an.¹ Personzentriertheit beschreibt ein philosophisches Wertesystem und basiert auf dem Konzept «Person-Centred Practice» von McCormack und McCance (2017). Die Methodologie der Praxisentwicklung von McCormack, Manley & Titchen (2013) hin zu einer personzentrierten Praxis dient den beiden Spitälern als Handlungsrichtschnur.

Das gemeinsam erarbeitete Fundament bleibt bestehen, auch wenn Veränderungen anstehen oder Personen wechseln.

In einem kontinuierlichen Prozess fördern sie eine effektive personzentrierte Versorgung, indem sie bestrebt sind, Kultur und Kontext der Versorgung zu verändern. Auf dieser Basis fördert ihr oberster Kader der Pflege/MTTB die Leadership-Kompetenzen der Führungspersonen. Grundlagen dafür sind gemeinsame Werte, eine gemeinsame Vision, Vertrauen, die individuelle Befähigung von Mitarbeitenden und die gemeinsame Übernahme von Verantwortung. So war und ist es auch weiterhin möglich, den Prozess hin zu einer personzentrierten Arbeitsplatzkultur gemeinsam zu gestalten. Es geht also darum eine Kultur zu schaffen, die kontinuierliches Lernen fördert und positive Veränderungen ermöglicht. Herausforderungen werden dadurch zu Gelegenheiten für Reflexion und Weiterentwicklung.

Wertebasiertes Arbeiten ist Beziehungsarbeit

Wertebasiertes Arbeiten bedeutet, gelingende Beziehungen zu fördern, in denen die Mitarbeitenden Achtung der Person, Entscheidungskompetenz, gegenseitigen Respekt und Verständnis gemeinsam pflegen. Diese Beziehungen bilden die Grundlage, an der sich Mitarbeitende orientieren, wenn sie Situationen beurteilen. Dieses Fundament bleibt bestehen, auch wenn Veränderungen anstehen oder Personen wechseln. Diese kollektive Stärke ist unverzichtbar, um sich in der VUCA-Welt erfolgreich zu bewegen.

Die Mitarbeitenden intensiv zu befähigen, z. B. mit der Methode «Aktives Lernen», ist dringend notwendig, um dem Fachkräftemangel mit einer Steigerung der Berufszufriedenheit entgegenzuwirken.

Die Ergebnisse der Praxisentwicklung zeigen, dass die beiden Universitätsspitäler effektivere Prozesse, wirksame Angebote für Patient:innen sowie die Entwicklung von Teamkapazitäten sinnstiftend angehen. Die Mitarbeitenden intensiv zu befähigen, z. B. mit der Methode «Aktives Lernen», ist dringend notwendig, um dem Fachkräftemangel mit einer Steigerung der Berufszufriedenheit entgegenzuwirken. Die befähigende Begleitung durch Führungspersonen stärkt die Mitarbeitenden. Sie können ihre Rollen gezielt wahrnehmen und mutig Transformation leben.

Positive Umsetzungsbeispiele

Im USZ haben im Juni 2019 zwei neu gebaute Intensivstationen den Betrieb aufgenommen. Ziel war, die Mitarbeitenden optimal auf die neue Umgebung und Prozesse vorzubereiten. Die Bedürfnisse der Teams, z. B. nach Sicherheit und Partizipation, adressierte ein interprofessionelles Team des Instituts für Intensivmedizin mit einem Buttom-Up entwickelten Schulungs- und Simulationskonzept. Dieses schrittweise und partizipative Vorgehen führte dazu, dass sich die Mitarbeitenden nicht nur unterstützt fühlten, sondern zu zahlreichen Optimierungen beitragen konnten. So war es möglich, trotz grosser räumlicher und prozessualer Veränderung, die Versorgungsqualität auf hohem Niveau zu gewährleisten.

Im Zuge der Reorganisation am USB 2021 skizzierte das oberste Kader der Pflege/MTTB mittels der Methodologie der Praxisentwicklung den gemeinsamen Weg für die Zukunft: Eine Werte­klärung im Sinne von personzentriertem Leadership beschrieb das gemeinsame Führungsverständnis. Die Vision Pflege wurde partizipativ mit Kader, Pflegenden und Vertreter:innen der medizinisch-therapeutischen Berufe aktualisiert. Basierend auf dieser Vision erarbeitete die Leitung Pflege/MTTB den Aktionsplan, die Roadmap Pflege/MTTB für die kommenden fünf Jahre. Seither sind die Akteur:innen des Bereichs Pflege/MTTB des USB erfolgreich auf dem Weg, gemeinsam neue Arbeitszeitmodelle und eine unterstützende Arbeitsumgebungsqualität zu fördern sowie den Skill/Grademix neu zu gestalten.

1Grossmann, Barandun Schäfer, van Lieshout & Frei, 2018

Co-Autorinnen

Prof. Dr. phil. Heidi Petry, Leiterin Zent. Klin. Pflegewissenschaft, Universitätsspital Zürich (USZ), heidi.petry@usz.ch

Dr. Susanne Knüppel, Leiterin Abteilung Praxisentwicklung Pflege, Universitätsspital Basel (USB), susanne.knueppel@usb.ch

Beitragsbild: zvg