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30. Juni 2022

Labortarife

Verfehlte und unwirksame Kostensenkungen im Laborbereich

Der Entscheid des Bundesrats, die Labortarife ab dem 1. August 2022 um zehn Prozent zu senken, stellt die Spitäler und die gesamte Laborbranche der Schweiz vor grosse Herausforderungen.

Trotz des laufenden Prozesses zur Aktualisierung der bestehenden Tarife (transAL2) wurde diese lineare Tarifsenkung voreilig durchgeboxt (vgl. Meldung vom 14. Juni 2022). Zusätzlich soll das Versorgungsangebot der Labore mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative weiter eingeschränkt werden. Solche einseitigen Massnahmen sind nicht nur wirkungslos, sondern auch schädlich für die Gesundheitsversorgung und die Qualität. Gleichzeitig gefährden sie die Stabilität der Spital- und Privatlabore. Der Verband der medizinischen Laboratorien der Schweiz (FAMH), und H+ Die Spitäler der Schweiz fordern daher die Rücknahme der Tarifsenkung sowie die Streichung der im indirekten Gegenvorschlag vorgesehenen Vertragsfreiheit zwischen Labors und Kassen.

Während rund 70 Prozent der medizinischen Entscheidungen auf Laboranalysen beruhen, machen diese nur 2,8 Prozent der gesamten Gesundheitskosten aus.

Prof. Dr. Nicolas Vuilleumier, Präsident der FAMH

Schlüsseldienstleistung Labordiagnostik

Laboranalysen können Krankheiten schon früh erkennen und steigern somit die Heilungschance vieler Patient:innen. In vielen Fällen wird eine präzise Diagnostik erst durch das Vorliegen von Laboranalysen möglich. Diese erlauben es der Ärzteschaft, richtige Therapien gezielt einzusetzen, und stärken somit nicht nur das Patientenwohl, sondern sparen auch Gesundheitskosten. «Während rund 70 Prozent der medizinischen Entscheidungen auf Laboranalysen beruhen, machen diese nur 2,8 Prozent der gesamten Gesundheitskosten aus» betont Prof. Dr. Nicolas Vuilleumier, Präsident der FAMH.

Die Labors werden Mühe haben, die Schnelligkeit und die Qualität der Analysen in gleichem Masse zu gewährleisten. Eine plötzliche Senkung der Tarife gefährdet auch Arbeitsplätze und die dezentrale Versorgungsstruktur.

Übergangstarif stellt die gesamte Versorgungsstruktur infrage

Eine Überprüfung der aktuellen Tarifierung von Laboranalysen ist mit dem vom BAG lancierten Prozess «transAL2» schon seit Jahren im Gang. Die Laborbranche hat diesen Prozess von Anfang an unterstützt. Weil sich das BAG die letzten 2,5 Jahre auf die Pandemiebekämpfung konzentrieren musste, kam es zu Verzögerungen bei «transAL2». Auch die Labors leisteten während dieser Zeit massive Investitionen in Geräte und Personal, um ihre Schlüsselfunktion bei der Eindämmung der Pandemie wahrnehmen zu können. Umso irritierender ist daher der Umstand, dass die Labors für diese entstandenen Verzögerungen nun bestraft werden sollen.

Warum eine lineare Senkung der Tarife innert so kurzer Zeit notwendig sein soll, lässt sich faktisch nicht erklären und kann nur auf einen überhasteten politischen Tatendrang zurückgeführt werden. Die Konsequenzen sind sowohl für die Spital- und Privatlabors, aber auch für die Patient:innen enorm. Die Labors werden Mühe haben, die Schnelligkeit und die Qualität der Analysen in gleichem Masse zu gewährleisten. Eine plötzliche Senkung der Tarife gefährdet auch Arbeitsplätze und die dezentrale Versorgungsstruktur.

Aufhebung der Kontrahierungspflicht: Laboratorien in Randregionen hätten das Nachsehen

Der im Nationalrat verabschiedete Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative sieht die Aufhebung der Kontrahierungspflicht für Laboratorien vor. Dies würde bedeuten, dass Labors ihre Analysen nur über die OKP abrechnen dürfen, sofern sie über einen Vertrag mit der entsprechenden Versicherung in ihrem Kanton verfügen. Eine solche Bestimmung hätte zur Folge, dass die Versicherer eine enorme Verhandlungsmacht erhielten und die Labors in ihrem Handlungsspielraum zusätzlich geschwächt würden. Der damit drohende Preiskampf zwischen den einzelnen Labors würde die schweizerische Laborstruktur zusätzlich beeinträchtigen. Gerade kleine Laboratorien in Rand- und Bergregionen hätten dabei das Nachsehen. Die FAMH und H+ fordern daher vom Ständerat die ersatzlose Streichung des entsprechenden Artikels aus dem indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative.

   

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