Executive Search CEOs für Schweizer Spitäler, Führungskrise? Interview mit G. Eisner, K. Aeberhard und G. Meyer, Foto: Canva
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2. Dezember 2025

FOCUS

CEOs für Schweizer Spitäler

Executive Search: Drei Perspektiven im Vergleich

Drei führende Executive Searcher im Interview mit Competence über Führungskrisen, gesuchte Profile und Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche CEO-Rekrutierung. 
Competence Martina Greiter

Autorin

Martina Greiter

Redaktorin Competence deutsche Schweiz

martina.greiter@hplus.ch

Gibt es aus Ihrer Sicht eine Führungskrise in Schweizer Spitälern?

Gilgian Eisner (GE), Partner, schilling partners ag: Wir haben nicht eine Führungskrise, sondern eine Tarif- bzw. Finanzierungskrise. Dadurch erschwert sich die ohnehin schon anspruchsvolle Führung der Expertenorganisation Spital. Die allgemein als Ziel anerkannte EBITDA-Marge von zehn Prozent ist kaum noch erreichbar und bringt das Zusammenspiel von finanzieller Führung einer Expertenorganisation in einem politisch geprägten Setting ins Wanken.

Kurt Aeberhard (KA), Dr. rer. pol., Partner, Innopool AG: Ich sehe trotz grosser Herausforderungen keine Führungskrise und wünsche mir, dass der vorhandene Spielraum bewusst genutzt wird. Heute ist es zentral, auf psychologische Merkmale zu achten und Teams weiterzuentwickeln, denn ein gutes Zusammenspiel beeinflusst die Leistung.

Guido Meyer (GM), Managing Partner, VERUS Advisory AG: Ich würde weniger von Führungskrise sprechen, sondern vielmehr die Tatsache ins Zentrum stellen, dass es viel schwieriger und anspruchsvoller geworden ist, Spitäler zu führen. Das ist zum einen auf eine hohe Regulierungsdichte und äusserst komplexe Rahmenbedingungen zurückzuführen. Viele Führungspersönlichkeiten leisten unter schwierigsten Voraussetzungen hervorragende Arbeit. Zum anderen werden die Erwartungen verschiedener Stakeholder immer grösser – oft wird nahezu Unmögliches verlangt. Der Druck auf die operative wie auch die strategische Leitung steigt permanent, was die Entscheidungsfindung erschwert.

Gilgian Eisner

Welche Jobprofile für CEOs sind heute gesucht?

GE: Profile von ausserhalb der Spitalbranche haben heute grössere Chancen als in früheren Zeiten. Ein gutes Beispiel hierfür ist Dr. Monika Jänicke, CEO des USZ, die einen Pharma-Hintergrund hat. Gerade in Krisenzeiten kann es von Vorteil sein, wenn eine Person von aussen die Führung übernimmt. Im komplexen Spitalumfeld ist dies aber meist anspruchsvoller als von den Kandidat:innen gedacht.

KA: Zwei Kriterien sind wichtiger geworden: Erfahrung in nachhaltigem Wirtschaften und Transformationserfahrung, also die Fähigkeit, Mitarbeitende mit auf den Weg zu nehmen. Wer das nicht kann, hat heute einen schweren Stand.

GM: Neben dem Verständnis für interdisziplinäre Expertenorganisationen und entsprechenden Leadership-Skills sind heute betriebswirtschaftliche Kompetenz, strategisches Denken, Teamfähigkeit und kommunikative Stärke gefragt. CEOs müssen komplexe Veränderungsprozesse steuern, digitale Innovationen fördern und zwischen Stakeholdern vermitteln können.

Kurt Aeberhard

Wo sehen Sie die häufigsten Gründe für gescheiterte Mandate bzw. für das Direktor:innen-Karussell der letzten Zeit?

GE: Oder umgekehrt formuliert: Was braucht es für eine erfolgreiche Rekrutierung? Zentral ist ein kleines, entscheidungsfähiges, adäquat zusammengesetztes Wahlgremium mit klaren Vorstellungen zum gesuchten Profil. Ist z. B. eine Person gesucht, die schon durch einen Fusionsprozess geführt hat oder Erfahrungen beim Aufbau von Netzwerken hat?

KA: Für ein gutes Ergebnis braucht es eine sorgfältige und systematische Selektion mit frühen Assessments, um auch die Persönlichkeit und kulturelle Passung zu berücksichtigen. Hinzu kommt ein gutes Onboarding. Wir führen Gespräche zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsbeginn und bleiben bis zu einem Jahr in engem Austausch, um frühzeitig Gegensteuer zu geben. Was die vermehrten Führungswechsel in letzter Zeit betrifft, gilt es die Fälle individuell zu betrachten. Wenn sich z.B. der wirtschaftliche Kontext eines Spitals in zwei Jahren stark verändert, kann dies auch ein Grund sein, eine neue Person zu suchen.

GM: Ein zentraler Erfolgsfaktor ist das Zusammenspiel zwischen strategischer und operativer Führung. Gerade unter Druck zeigt sich, ob diese Zusammenarbeit tragfähig ist. Fehlende Governance-Strukturen erschweren die Arbeit von CEOs zusätzlich – vor allem wenn starke Führungspersönlichkeiten nur begrenzte Gestaltungsspielräume vorfinden. Eine sinkende CEO-Verweildauer ist branchenübergreifend zu beobachten, wirkt im Gesundheitswesen jedoch besonders gravierend, da die Anforderungen an Kontinuität und Vertrauen traditionell hoch sind und früher Amtsperioden von deutlich über zehn Jahren häufig waren.

Guido Meyer

Wie wirken sich Politik und Stakeholder-Druck aus?

GE: Es braucht den Zuspruch der Stakeholder. Wer auch immer die Rekrutierung leitet, muss sicherstellen, dass sie möglichst früh im Prozess mit im Boot sind bzw. deren Einbezug klar abgestimmt und akzeptiert ist.

KA: Je grösser der politische Einfluss, desto schwieriger wird der Prozess. Was mich aber stärker beschäftigt: Wir haben schon starke Kandidat:innen verloren, weil sie den Eindruck hatten, dass das Schweizer Gesundheitswesen überreguliert und der eigene unternehmerische Freiraum zu stark eingeschränkt ist.

GM: Eine klare Governance und ein abgestimmtes Rollenverständnis zwischen Direktion und Verwaltungsrat sind Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Politische Einflussnahme wird dann problematisch, wenn kurzfristige Interessen überwiegen. Auch der Druck von Berufsverbänden, Medien oder internen Stakeholdern erfordert ein belastbares Netzwerk und Vertrauen. Ohne Rückhalt und Vertrauen ist eine langfristige Mandatsdauer schwierig.

Was müsste sich strukturell ändern für längerfristigen Erfolg?

GE: Die Ambulantisierung muss sich lohnen. Nur dann wird es für die Spitäler einfacher, langfristig erfolgreich zu arbeiten.

KA: Aus meiner Sicht ist es unter den aktuellen Rahmenbedingungen möglich, erfolgreich zu arbeiten. Es gilt, sie zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen.

GM: Es braucht klare Verantwortlichkeiten, realistische Ziele und eine Kultur der Zusammenarbeit. Entscheidend ist, Partikularinteressen zu überwinden und neue Anreizmodelle zu entwickeln, die regionale bzw. überregionale Versorgungsstrukturen ermöglichen. Nur durch integrierte Modelle lassen sich Effizienz, Qualität und Innovationskraft nachhaltig steigern­.

Beitragsbild: Canva

   

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